Männersegeln 09/2010

Das 6. Männersegeln fand in diesem Jahr erstmalig im Frühherbst statt. Da wir (die Crew „Herkules“, Uwe, Jens und ich) vor zwei Jahren nicht mit in der Dänischen Südsee dabei sein konnten, waren wir ganz froh, dass die Meute sich für eine Wiederholung des Törns entschieden hat. Nur unsere Anreise wurde dadurch etwas länger als bei den obligarischen Rund Rügen/Bornholm Touren. Aber das ist mir eigentlich egal. Wenn es geht, dann bin ich ohnehin am liebsten auf dem Boot.

[nbsp]Also starten wir am Freitag Morgen und nehmen die 0520 –Brücke in Stralsund. Es ist stockdunkel und ich befahre erstmalig das Fahrwasser zwischen Neuhof und Stralsund bei Nacht. Ist aber kein Problem. Nur die Entfernungen sind schlecht einzuschätzen. Dank an die amerikanische Kriegsmaschinerie – das GPS funktioniert prächtig. Die Brücke öffnet nur für uns, auch ein schönes Gefühl. Die Sonne schiebt sich im Osten rötlich in den Morgen und beschert uns Glücksgefühle bei der Fahrt Richtung Barhöft. Schnell kommen wir bei anfänglich wenig Wind auf die Ostsee vor Hiddensee. Dort erwartet uns eine kabbelige See 5 Bft. aus NW . Ruck zuck ist das 2. Reff im Groß und wir donnern Richtung Gedser. Bei abnehmendem Wind erreichen wir am späten Nachmittag Gedser und gehen dort längs, da wir nicht die Einzigen am Boxensteg sein wollen. Wir haben noch nicht einmal unseren Anleger die Kehle herab perlen lassen, legt hinter uns „Heidi“ aus Hamburg an. Ein Glücksfall, denn wir lernen zwei ältere „Salzbuckel“ kennen, die von der ersten Minute am Anleger präsent sind, sich lauthals die so wichtige „Anlegemediscin“ gönnen. Manfred (gerade Rentier) und Klaus (Skipper, 78 J.) sind zwei prächtige Norddeutsche Originale, die mit einem selbstgebauten Kutter unterwegs sind. Das Baujahr des „bestens erhaltenen“ Bootes haben wir auf den Anfang des vergangenen Jahrhunderts geschätzt, Aber Klaus hat das Kleinod selbst in den Siebzigern gebaut und technisch auf höchstem pragmatischem Niveau ausgebaut. Wir haben viel Spaß mit den beiden und tauschen vier Flaschen Jever gegen estnische Bierbüchsen. Auch wenn das Lager nicht der Brüller ist, so waren die vier Büchschen schnell verdunstet.

Am nächsten Morgen beerdigen wir unsere Pläne nach Bagenkop zu donnern, verkürzen die Etappe um vier Stunden und laufen Roedby an. Über Roedby gibt es nicht viel zu erzählen. Das ist die Tristesse pur! Ein reiner Arbeitshafen, was ich eigentlich ganz schön finde, aber er wirkt recht leblos. Bis auf die Versorgungs –und Erkundungsschiffe, die die riesigen Windparks in den Ostseegrund pflanzen, ist in den letzten 25 Jahren dort nicht viel passiert. Im Warteraum für die Duschen hängt eine Karte der Mecklenburgischen Bucht, wo das Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik verzeichnet ist. Nur die im Halbstundentakt ein –und auslaufenden Fähren aus Puttgarden durchquirlen das Hafenwasser. Am nächsten Tag geht’s bei Schwachwind gen Marstal. Unterwegs treffen wir die „Heidi“ wieder, machen Fotos voneinander und brüllen uns die Adressen zu, um die Fotos auszutauschen. Wenig später ziehen wir zum ersten mal den geborgten Genacker.[nbsp] Danke! an die Segelmacher aus Neuhof. Ihr werdet mir wohl im nächsten Winter wieder kräftig in die Spaßkasse greifen. Herkules hat uns den Segelwechsel gedankt und zieht wieder an. Aber die Freude währt nur eine Stunde, dann hat jemand den Wind ausgeknipst. Die eiserne Genua orgelt vor sich hin und am frühen Abend sind wir die Ersten auf Äroe. Die Flotte (fünf weitere Yachten mit segelhungrigen mittelalten Menschen) motort nach Martins Aussage bei Windstille „gegen an“. Der Hafen ist leer und die 5 Boote finden nebeneinander Platz. Die Helmsman 49 der Chirurgen muss auf „Außenreede“ an den Nachbarsteg. Dort kuschelt die Kielbombe mit dem Schlick. Die Ruhe ist vorüber. Über 20 Kerle stehen auf dem Steg und begrüßen sich lauthals. Die „Wettfahrtleitung“ verteilt T-Shirts mit dem juristisch korrekten Aufdruck „Männerschnellsegeln Rund Fünen 2010“. Es sollte sich herausstellen, dass es „MännerschnellindenHafensegeln“ heißen sollte. Die Admiralität tagt und beschließt am nächsten Tag Nyborg anzusteuern. Eine Wettfahrestrecke wird abgesteckt, und auf geht’s am nächsten Morgen mit nur 30 Minuten Verspätung.

[nbsp]Bei kräftigem Gegenstrom durchfahren wir das Fahrwasser unter der Brücke bei Rudkoebing und ziehen kurz darauf die Tücher hoch. „Herkules“ läuft erfreulich gut und das erste Kräftemessen beginnt. „Liechtenstein“ will uns ans Leder. Als sie kurz hinter uns ist um uns in Luv zu überholen, drücke ich den Kickdown und weg sind wir. Der immer eingelegte Rückwärtsgang kostet eben einen halben Knoten. Den konnten wir gebrauchen. „Liechtenstein“ fällt zurück. Wir treffen uns am vereinbarten Punkt und mit einem verkorkstem „Gatestart“ beginnt der einzige Lauf des Männerschnellsegelns. Wir reißen an den Schoten, zuppeln und fieren, Herkules läuft und läuft! „Ti amo“ liegt von Anfang an vorn, wie sich später herausstellt, angeblich durch Fehlstart. „Endiva“, die Helmsman 49 läuft außer Konkurrenz, deckt „Ägir“ und uns in Luv ab und macht uns das Segeln schwer. Wir kratzen am Heck von „Ti amo“ und gehen als Zweite um die Tonne. Wir sind glücklich, dass „Herkules“ sich so wacker geschlagen hat. Zweiter!!! Die Wettfahrtleitung disqualifiziert „Ti namo“ wegen Fehlstart und hebt uns aufs Siegerpodest. Erster!!! Stimmen werden laut, die Wettfahrtleitung in den Steinbruch zu schicken. Den großen Jungen hat es Spaß gemacht. Wir donnern nach Nyborg und gehen in den Yachthafen. Die Plätze sind begrenzt. Nachdem sich „Liechtenstein“ das „Kochschiff“ [nbsp]an den Stegkopf des Nachbarsteges verholt hat, liegen wir ganz vorn anfänglich recht unruhig. Doch der Wind nimmt ab. Am nächsten Morgen sollen sich unsere Wege trennen, die Flotte will Rund Fünen. Wir müssen den Rückweg antreten. Große Verabschiedung. Die fünf Yachten verlassen den Hafen.

Als wir dabei sind unser Ölzeug überzustreifen, kommt der Funkspruch von Utz, dass er Maschinenschaden hat und wieder in den Hafen segelt. Um die Leinen beim Anlegen unter Segeln abzunehmen, bleiben wir im Hafen. Alles klappt Bestens. Der herbeigeholte Motorenservice öffnet für schlappe 90,- € den versehentlich geschlossenen Dieselhahn und nach einer Stunde legt die Flotte wieder ab. Wir folgen kurze zeit später. Der Wind hat kräftig auf 5-6 Bft. zugelegt, die Welle steht mit 1-2m gegen an und die Böen peitschen mit bis zu 8 Bft. Nach einer Stunde Kreuzen ohne eine nennenswerte Wegstrecke unterm Kiel zu haben, entschließen wir uns zur Umkehr. Ab geht’s in den Stadthafen, alle sind wieder da. „Merlisto“ hat Ruderprobleme. Es schlägt und klappert. Der Blick auf das Ende vom Ruderschaft erschreckt! Die Kontermutter klappert lose darauf rum und der Schaft ist schon einige Zentimeter nach unten gerutscht. Mit Fenderbrett, Wantenspannern und Tampen wird das Ruderblatt wieder nach oben gewuchtet, verschraubt und mit einer Schraube als Splint gegen erneutes abrutschen gesichert. Mitfahrende Maschinenbauer bescheinigen dem Hersteller der Bavaria und dem Vercharterter Fehlkonstruktion und Pfusch. Es wäre so einfach das zu verhindern. Erschrocken kontrolliere ich meine Ruderführung. Alles OK.

So weht es uns auch den folgenden Tag in Nyborg ein und wir vertreiben uns die Zeit mit Lesen schlafen und einige bewegen sich sogar in ihren Joggingschuhen. Doch der Skipper läuft nur so weit, wie sein Schiff lang ist. Herkules ist kurz! Nyborg ist schnell besichtigt, das Städtchen ist ganz niedlich, hat eine Menge alter Häuser und eine schöne Burganlage aus dem 13. Jahrhundert. Aber es reicht nicht für einen längeren Aufenthalt. Wir wollen los, doch es blässt und blässt! Am Dienstag Abend findet die Feierabendregatta des örtlichen Segelvereins statt. Drei Yachten sind am Start. Eine 13m Schere läuft unter Vollzeug aus und verschwindet in wenigen Minuten am Horizont. Wir sind im 3. Reff wieder in den Hafen gefahren! Da denkt man schon mal über ein Bootswechsel nach….

Der Donnerstag verspricht weniger Wind. Bei einer guten 5-6 und einem Meter Welle bricht die Flotte nach Süden auf. Das klappt auch ganz gut und ordentlich gerefft wird es auch nicht anstrengend. Ich bin ganz zufrieden, wie gut meine kleine Herkules segelt. Wir laufen nach gut 45 sm Bagenkop an und es regnet seit einigen Stunden. Ich schnipple Kartoffelsuppe, während Jens mit dem Duschmarkenautomat kämpft und Uwe seine sms-Maschine malträtiert. Das Ölzeug hängt im Boot verteilt und tropft den Boden voll. Ein Ölzeugschrank wäre prima.

Wieder haben wir nur eine halbe Stunde Verspätung beim Ablegen. Zumindest sind die 30 Minuten Zeitüberschreitung zuverlässig. Bei 3-4 Bft. aus West schiebt uns die Welle kräftig mit und „Herkules“ Hintern wackelt wie beim Samba. Nach unspektakulären 11 Stunden liegen wie wieder in Gedser längs. Diesmal keine „Heidi“ aus Hamburg, sondern ein schwedisches Folkeboot, deren Skipper die Hafengebühr nicht zahlen will oder kann. Das ganze Schiff sieht aus, als wenn er es nicht könnte. Er verlässt den Yachthafen und macht wahrscheinlich im Fischereihafen fest. Als südlichste Stadt Skandinaviens hat Gedser gar nichts zu bieten. Der Hafen ist recht nett, aber im Ort möchte man nicht „tot übern Zaun hängen“.

Ha! Mit nur 10 Minuten Verspätung in die letzte Etappe. Die Welle der Vortage schaukelt uns anfänglich kräftig hin und her. Wenige Stunden nach dem Start passieren wir bei einer Sichtweite von unter 1 Meile das Verkehrstrennungsgebiet. Auch wenn das Radar selten läuft, bin ich froh, dass ich es in diesen Situationen nutzen kann. Die Fähre Rostock/Trelleborg haben wir so rechtzeitig gesehen. Der Wind lässt nach, wir nehmen die Segel weg und lassen uns bei nahezu halbem Wind vom geborgten Genacker gen Hiddensee schieben. Bei schönstem Sonnenschein ziehen wir durch die Barhöfter Rinne Stralsund entgegen. In Stralsund versuchen wir um 18 Uhr noch ein Fischbrötchen zu bekommen und dann noch in der Sonne einen Kaffee zu trinken. Nur unter Unmutsäußerungen der fetten Fischtante konnten wir noch ein kaltes Brötchen ergattern. Der Kaffee war schwieriger zu bekommen. Bei über 20 Grad, Sonnenschein und hunderten Touristen im Hafen wird um diese Zeit in Stralsund schließlich kein Kaffee mehr getrunken!!! Im Klabautermann gibt’s dann doch noch ein Tässchen der braunen Brühe und anstatt Latte Macchiato „Milschkafffe“. Der Abend im „Al Porto“ war ein Erlebnis, das Essen ausgesprochen gut, der Akzent des Kellners entsprach dem Klischee des Neapolitaners, der Wein“ kostet fast nix“ und wir wanken überfressen zum Boot.

Damit ist ein wunderbarer Männertörn fast vorüber. Die wenigen Meilen am nächsten Morgen bei Kaiserwetter beginnen wir mit der 0820 Brücke. Bei diesem Wetter ein Törn zu beenden macht schwermütig – mich jedenfalls. Aber nach dem Törn ist vor dem Törn!

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