Finnischer Trubel auf Kaunissaari: ein Tag vor midsommar

Bevor ich wieder ins Schwelgen gerate: Danke für die Grüße und Wünsche und Kommentare aller Teilnehmenden und Anteilnehmenden!

Wie geplant sind wir am Donnerstag Mittag in Helsinki aufgebrochen, sind im Zickzack durch die vorgelagerten Schären, an der gewaltigen Festung vorbei Richtung Osten gesegelt. Der Himmel war war leicht bedeckt, aber der Wind aus Südost war wieder perfekt für die Rauschefahrt durch die Inselchen, wobei wir uns angesichts der unzähligen, tückisch verteilten Felsen brav an die vorgegebenen Kurse gehalten und manchmal etwas neidisch auf die kreuz und quer segelnden Insider geblickt haben. Kaunissaari entpuppte sich als Volltreffer. Offenbar haben wir ein kultiges Häfchen für den naturliebenden Helsinkier getroffen. Zwei Stege, sehr geschützt, nix Strom und Wasser, überraschend voll, und unsere Nationale war flaggentechnisch die einzige Abwechslung im blau-weißen Flaggenmeer. Die obligatorische Inselinspektion führte uns durch erfreulich mückenarmen Wald zu einem idyllisch gelegenen Restaurant, in dem es, nachdem wir die 7! Fussabtreter überwunden hatten, erfrischendsten Cider vom Fass gab, sowie alle überlebensnotwendigen Informationen zum Betrieb der verschiedenen auf den Insellandzungen verteilten Saunen, der Ankunft des „Shopping-Boats“, sowie der Vermittlung eines ortskundigen Rockers, der uns überaus herzlich Ankerplätze in „reiner Natur“, also ohne feiernde Nachbarn, auf dem Weg nach Porvoo zeigte.
Und als wir dann später so gemütlich in der Abendsonne bei knusprig gebrutzelter Hühnerbrust auf Spinatkäsetomatenknoblauchbett saßen und über die Vorhaben des kommenden Tages sprachen, legte ein Dingi mit unserem Rockerfreund und 2 Kumpels am Heck an und überreichte uns ein dickes aktuelles Heft mit 511 finnischen Häfen und Häfchen, in finnisch und schwedisch! Welche Freude! Mit der ersten Runde Rum bedankten wir uns dafür, und mit der nächsten honorierten wir die ausführlichen Informationen zur wirtschaftlichen Situation in Finnland, die Preise für deutsche Autos und finnische Boote, das gestörte Verhältnis zum russischen Nachbarn, die Bedeutung des midsommar und den Trick mit dem warmen und kalten Wasser beim Saunaaufguss. Wir hielten noch verkrampft an unseren Teetassen fest, als Timur und sein Trupp mit kühnem Lotseneinsatz einen verirrten Motorbootkäptn (heimlicher Dank an ihn, der Kelch ging somit gewissermaßen an uns vorüber) vor dem Zerschellen vor der verwinkelten Hafeneinfahrt rettete und sicher in den engen Hafen bugsierte. Nach 2 weiteren Tassen Tee war zog es uns mitteldeutschen Weicheiern so gegen 2 die Augen zu und wir fielen als erste im Hafen und vermutlich lange vor den Nachbarsbälgern in die Kojen, allerdings nicht ohne den Entschluss gefasst zu haben, den Tag vor der größten Sause des Jahres noch hier, mitten im originalen Finnland, an diesem zauberhaften Flecken zu bleiben.
So konnten wir auch guten Gewissens ausschlafen, uns einen oberköstlichen und sehr erfrischenden Frühstücks-Cider unter stahlblauem Himmel gönnen, und vor allem am Shopping-boat-Event teilnehmen. Wie angekündigt kam der Schwimmkonsum pünktlich und nach 20 min Wartezeit auf dem Anleger und nettem Plausch mit dem Konsumkapitän stiegen wir in den dunklen Bauch der Schaluppe (der letzten von ehemals 20, die im Archipel herumgondelt und Ware für den täglichen Bedarf feilbietet) und es gab alles was das Herz begehrt: vom Räucherlachs, über Milch in allen Fettstufen, Kisten mit Würstchen, Käserollen, gefüllten Pfeffermühlen, Angelhaken, Dartpfeilen, 10 Schokosorten, Eis, und und, bis zu Rindenmulch für die Inselklos und Blumenerde. (Weiß allerdings nicht wozu und für wen).
Nach einer weiteren Stunde waren wir um die Insel gewandert und zurück an Bord verstärkte sich zusehends unsere Befürchtung den Verlauf des Abends betreffend: der Hafen proppevoll, wir immer noch die einzigen Auswärtigen, erste Gesänge in noch fließendem Finnisch aus verschiedenen Richtungen, der Wikinger gegenüber schüttelt selbstvergessen seit 3 Stunden sein langes blondgraues Haar zu Steppenwolf und ABBA, die dralle hübsche 2 boote weiter singt leise zur Klampfe gegenan, 3 Ghettobluster im 25m-zirkel versuchen sich zu respektieren, und unser Rockerfreund wechselt zum 3. mal das Outfit: von schwarzem Kapuzenshirt über weißes Hemd mit Matrosenmütze zu orangefarbenem Muscleshirt mit roten Shorts, der Opi mit dem Cowboyhut und der coolen Brille tänzelt lächelnd auf dem Steg, in einer Hand ne Büchse Bier, in der anderen ein Glas mit weiß nicht was, und Timur lotst mit neuer Besatzung eine Segelyacht ins pralle Päckchen. (Ich glaube, Kaurrrismäääki wird als Künstler überschätzt; aber er ist ganz sicher ein brillanter Dok-Filmer, und Fellini hätte hier die halbe Arbeit gehabt…)

1 Kommentar

  1. Hallo, Ihr Lieben, ich hoffe, die Ghettobluster sind verstummt und Ihr könnt Euch vom Spaß in der kürzesten Nacht des Jahres erholen. Die finnischen Eingeborenen sind ja gut drauf, muss wohl an der sommerlichen Helligkeit liegen. Vielleicht können Timur und sein Trupp Euch ja noch etwas Geleitschutz Richtung Osten geben. Viel Glück weiterhin und … Handbreit!
    Utz

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