Von Agadir nach Lanzarote

Silvester ist ein guter Zeitpunkt für die Abreise: Ein neues Jahr, ein neuer Ort – etwas Neues beginnt. In Agadir, Marokko, liegt die Mistral seit September im Hafen: Ein 82 Fuß Heereshof-Schoner, ein Klassiker aus Holz, Heimathafen Flensburg. Mit Kirstin und Rene und Katleen, einem befreundeten Paar, kommen wir am Silvesternachmittag in der kleinen Marina von Agadir an und finden die Mistral auf Anhieb. Der Yachthafen ist nicht besonders groß, ganz niedlich und direkt an seiner Südseite erstreckt sich die kilometerlange Sandbucht von Agadir. An der Promenade drängen sich am Abend Tausende um zu Flanieren, Punkt Mitternacht gibt es ein kleines Feuerwerk, das war‘s – 2014 ist da. Auf dem Vorschiff der Mistral stoßen wir mit Prosecco an und fallen todmüde in unsere Kojen – seit 24 Stunden sind wir auf den Beinen.

Zwei Tage wohnen wir auf dem Schiff. Cloe, die Bordfrau aus Kanada, ist von Eigner und Skipper Dieter engagiert und passt aufs Schiff auf. Trotzdem ist nicht alles in Ordnung: Kühlschrank und Tiefkühler laufen nicht, auf dem Großmast fehlt eine Antenne, eine Winsch ist festgerottet, ein Spülbecken tropft. Mannschaft und Skipper reisen an, wir vier ziehen ins Luxushotel um und machen weiter Urlaub. Die Mistral wird nun von der kompletten Transat-Mannschaft bewohnt und aufgeklart – nur ich habe noch eine Auszeit. Zur Proviantierung aber kommen Kirstin und ich zur Mistral und helfen einen Nachmittag lang bei der Kakerlaken-Prophylaxe, das heißt, alles was an Bord kommt wird abgewaschen, Pappen und Verpackungen bleiben an Land. 

Es gibt dann doch ein Problem: Der Tiefkühler kann nicht repariert werden, weil der Kompressor defekt ist. Deshalb wird entschieden, einen Kompressor aus Deutschland nach Lanzarote einzufliegen – dort wollen wir uns dann auch noch einmal mit Frischwaren versorgen.

 Am Montag, 6.Januar ist es soweit: Ich verabschiede mich von Kirstin, 8 Wochen werden wir unsere eigenen Wege gehen, ein komisches Gefühl für uns beide. Aber es ist ok, auch wenn wir unsere Abschiedstränen kaum verbergen können. 

Abgelegt wird nach 6-stündigem Prozedere mit den marokkanischen Behörden, der Dieseltank ist mit 1200 Litern gefüllt, der Wassertank mit 1600 Litern. Die Wetteraussichten sind so lala: Auf dem Nordatlantik tobt ein Riesenorkan, die Ausläufer sollen auch wir zu spüren bekommen, der Wind aber ist flau. Kaum sind wir raus aus dem Hafen, erwartet uns das Voralpenland: Eine gewaltige Dünung, oft 10-12 Meter hoch, aber jede Welle ist rund 250 Meter lang und rollt im 25-Sekunden-Takt von Norwesten. Sieht spektakulär aus ist aber völlig harmlos. Nur der Horizont ist immer etwas hügelig. Schon vor Sonnenuntergang tummeln sich Delphine am Schiff, dann öffnet sich das glitzernde Firmament, Sternschnuppen huschen kreuz und quer über uns hinweg. Wie klein wir Menschen doch sind, dass merkt man hier auf See deutlicher als sonst wo. Die Nacht wird bitterkalt, ohne dicke Segelausstattung ist es auch in diesen Breitengraden nicht aus zu halten. Ich habe nur dünne Klamotten dabei, darf aber von Crewmitglied Alfred Latzhose und Segeljacke anziehen. Vier Stunden dauert eine Nachtwache, die Tagwache sechs Stunden, zwei Wachmannschaften a vier Personen gibt es. Weil kein Wind ist läuft der Motor und ich bin froh, dass wir diesmal keine Regatta segeln bei der Motorunterstützung tabu ist. Nach 42 Stunden sind die 250 Seemeilen geschafft und wir legen in Puerto Calero auf Lanzarote an: Ein neuer, wunderschöner Hafen, der keine Seglerwuensche offen lässt. Hier treffe ich Jimmy Cornell, den Master of ARC und wir plaudern ein Weilchen. Er bereitet die Atalatic-Odysee vor: Eine Winzregatta mit acht Schiffen um die 40ft, die am Sonntag von Lanzarote nach Grenada startet. Bei uns an Bord beginnen die Reparaturen. Wann die abgeschlossen sind ist völlig offen. Macht nix – ich habe Zeit und genieße das in vollen Zügen. 

DSCI1807 DSCI1805 Schoner Mistral

1 Kommentar

  1. Lieber Holger,

    eine tolle Reise, wenn auch mit kleinen Hindernissen bestückt! Wir wünschen dir von ganzem Herzen eine schöne Überfahrt – möge der Wind mit Euch sein! Du schreibst ganz wunderbar, mach weiter so – auch wenn wir dann vom Atlantic keine Info bekommen – umsomehr freuen wir uns dann auf die geballte Info nach Ankunft in der neuen Welt! Natürlich vergessen wir auch Kirstin nicht in Leipzig und haben uns schon zum Weinchen angemeldet :-)

    Jens

    PS: den Herrn Cornell kenne ich glaub ich aus St.Lucia…

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