Reise in den Süden

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Berge von Conches, Tobago CaysUrbewohner der Tobago CaysIn 40 Minuten soll die Klappbrücke von Bridgetown für die MISTRAL öffnen, heisst es. Dabei liegen wir bereits seit drei Stunden schon im Deepwater-Harbour – neben uns riesige Kreuzfahrtschiffe an der riesigen Betonpier und nur der Skipper hatte bereits festen Boden unter den Füßen – wir haben erst einklarieren müssen. Jetzt winkt uns ein Liegeplatz direkt im Zentrum von Bridegetown und schon fliegen die Festmacher an Bord und wir tuckern in die Careenage hinein, vorbei an Shopping Malls, Banken, Bars und Cafes bis zur Polizeipier, direkt vor der Klappbrücke, der Brücke, die der Stadt ihren Namen gegeben hat. Hier springe ich das erste mal an Land, wir vertäuen uns bis die Klappbrücke öffnet. Es riecht wunderbar: Die gepflegten Menschen, die hier topgestylt übers Trottoire hetzen, duften nach Kosmetikartikel aller Art – ein wahrlich ungewohnter Geruch nach der Transat. Dann wird die Klappbrücke von Uniformierten abgesperrt und öffnet sich, MISTRAL passiert und wir vertäuen uns an zwei Moorings, römisch-katholisch, also mit dem Heck zur Pier. Die Festmacher sind noch nicht belegt, da serviert uns schon ein Mann acht Rumpunsch auf einem Tablett, ein anderer ruft von der jetzt geschlossenen Brücke ein herzliches Welcome rüber und in diesem Moment muss ich mit den Freudestränen kämpfen: Ich bin in der Karibik angekommen.

Der Liegeplatz an der Careenage liegt am Independent-Park, drumherum sind Bars und Restaurants, die Stadtbibliothek, der Busbahnhof und Gemüsemarkt und der Glockenturm im Stil von Westminster mit Little Ben, die alle halbe Stunde very british läutet. Bis zum Strand, an der herrlichen Carlisle Bay, sind es zwei Minuten zu Fuß. Viel weiter reicht mein Radius allerdings auch nicht, denn MISTRAL muss aufgeklart werden und da hat die Crew einen strammen Zeitplan verordnet bekommen. Als Dankeschön gibt es das Captains Dinner im Waterfront Restaurant: Vorspeise, Hauptgericht, Nachspeise und Trinken bis zum Abwinken…

Gerade drei Nächte bleibe ich auf Barbados, dann ergibt sich eine Mitfahrgelegenheit: Direkt neben MISTRALs Liegeplatz kommen und gehen die Dingis der Segler, die in der Carlisle Bay ankern. Montag vormitag, 3. Februar, schnacke ich einen Deutschen an, ob er zufällig Richtung Süden fährt. Ja, in 20 Minuten will er los nach Bequia. Schade, sage ich, denn das wäre genau meine Richtung, aber ich brauche noch Zeit um meine Klamotten von der Wäscherei abzuholen und außerdem soll MISTRAL-Skipper Dieter meine Abreise absegnen. Der macht das und so gehe ich am Nachmittag bei Skipper Claus, 67, an Bord seiner Julia, einer Bavaria 47 und belege die komplette Eignerkabine. Ausser Claus ist nur noch Benni, 28, an Bord. Um 16 Uhr klarieren wir in Port St. Charles aus und segeln rüber nach Bequia – ein 100 Seemeilen-Trip und der ist deutlich anders als auf der MISTRAL: Der Autopilot steuert, es gibt Kissen satt, Musik aus Aussenlautsprechern und ein Bier zum Sonnenuntergang.

BEQUIA

Die Admirality Bay von Port St. Elisabeth auf Bequia laufen wir bereits am Dienstagmorgen an: Rund 150 Yachten liegen dicht an dicht an Moorings – hier nachts einzulaufen wäre, wie ein Minenfeld zu durchqueren. Ein boatboy kommt angefahren und weist uns eine Mooring zu, wir reichem ihm unsere Festmacher, er kassiert 60 EC, das sind Eastern Caribbean Dollar, etwa 15 Euro und dann geht es mit dem Dingi an Land zum Einklarieren: Keine große Sache, dauert trotzdem eine Stunde. Der Ort ist superniedlich mit karibischem Charme und lebt vom Geschäft mit den Kreuzfahrern, die fast tagtäglich hier einfallen und die Preise hochtreiben. Heute sind es Amerikaner, mindestens tausend landen an und bevölkern den kleinen Ort. Mit Claus und Benni komme ich gut klar und so werde ich bis Grenada an Bord bleiben. Als Tagesobulus vereinbaren wir 25 Euro.

MAYREAU

Nach dem Frühstück segeln wir am Mittwoch um halb elf die 22 Seemeilen südlich nach Mayreau – vorbei an kleinen Inseln und dem größeren Canouan. Der Wind bläst weiterhin beständig mit 20-25 kn und so können wir am frühen Nachmittag die kleine Saltwhistle-Bay anlaufen und bekommen sogar noch eine freie Mooring, auch für 60 EC. Karibische Idylle pur und eigentlich ganz nette Leute, wären da nicht die zwei kleinen Kinder, die uns auf dem Spaziergang ins Dorf nach Geld fragen. Wofür wollen sie Geld? Das sind die Regeln, the rules, meinen die kleinen Wegelagerer: Wenn wir ihnen kein Geld geben, dann wird uns das i-phone gestohlen oder unser Schiff beschädigt. Kopfschüttelnd gehen wir weiter, der kleine Junge wirft wütend mit Steinen hinter uns her. Ganz anders ist da der Gärtner der katholischen Kirche im Dorf: Nach dem Sensen des Rasens hockt er sich in den Schatten eines Baumes und dreht sich einen Joint. Er fasst mich am Arm und zeigt auf unsere unterschiedliche Hautfarbe: Wir sind alle Brüder, sagt er, auch wenn er schwarz und ich weiß bin. Respect, antworte ich und wir lachen beide.
Halbfrische Baguettes für 15 EC bringt ein boatboy am morgen. Er nimmt auch die Conches, die Riesenmuscheln, aus und kocht sie, wenn man darauf Appetit hat. Mit einem Taschenmesser schneidet er den Fuß, die Augen, die Lippen und den Penis ab – da lerne ich eine Anatomie kennen, die mir bei Riesenmuscheln so nicht bekannt war. Das feste weiße Muskelfleisch fliegt in einen Wassertopf mit Limetten und wird dann gekocht.

TOBAGO CAYS

Die Abfahrt zu den Tobago Cays am Donnerstag beschleunigt sich, nach dem ein Schäkel der Mooring bricht und wir durch die Bucht treiben – Motor an und raus, vorbei an den anderen Yachten, hinüber in die eine halbe Stunde entfernte Postkarten-Idylle. Überall lauern Riffe und da muß man schon genau navigieren, um die Trauminselchen gut gelaunt zu erreichen. Wieder gibt es eine Mooring, diesmal für 45 EC. Ans Horseshoereef kommt man nur mit dem Dingi – ein schönes Plätzchen zum Schnorcheln. Aber noch viel besser ist das Schildkröten-Ressort: Taucherbrille auf, hineinplumpsen lassen und schon sind die Seeschildkröten da. Sie grasen den Grund ab und lassen sich auch von den Touristen nicht wirklich verscheuchen. Genauso wenig, wie die unzähligen pittoresken Leguane, die sich auf den Inselchen tummeln und sogar bis zum Strand heruntergekrabbelt kommen. Sehen zwar gefährlich aus, sind aber Vegetarier. Ich nicht. Also gönne ich mir am Abend mit Claus einen Lobster vom Grill für 100 EC. Klingt alles paradiesisch – aber: Es regnet hier und der Wind bläst mit 35-40kn. Mal sehen, ab die Mooring diesmal hält…

3 Kommentare

  1. Hallo Holger!
    Schön von Dir zu hören. Danke für Deine Berichte, schreib ruhig so weiter: es macht spaß Dich zu lesen. Bei uns hier ist (abgesehen vom Wetter) alles ok! Ich wünsche Dir Alles Gute weiter und viel Spaß!
    Até

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