Rasmus Prüfungen – 1. Akt

Wir haben unsere erste Überfahrt während dieser Reise überstanden und sind gestern 21 Uhr Ortszeit in Peterhead, am östlichsten Zipfel Schottlands, eingelaufen. Die 339 sm haben wir in 60 Stunden geschafft. Diese Fahrt wird in die Kategorie „nicht lustig“ eingestuft, auch wenn wir am Abend vorher Rasmus mit einer Spende edlen Whiskeys bestochen haben. Es hat ihm wohl nicht geschmeckt. DSC_0002 (2)Nachdem wir 4 Tage in Thyborön zubringen mussten hatte der Wind am Montag früh endlich auf Ost gedreht. Allerdings stand die Welle immer noch aus West und bei Nieselregen und wenig Wind verließen wir den Hafen mit geigendem Schiff. Nachdem ich die Genua endlich mit unserem frisch gekürzten Spibaum ausgebaumt hatte und der Schmetterling Freikerl beruhigte, war mir so schlecht, dass Ute in den nächsten 24 Stunden das Kommando übernehmen musste. Bei moderatem Wind und unangenehmer Welle hat sie gemeinsam mit „Peter“, Freikerl durch die Nacht gebracht. Der Wind drehte auf Nord und nahm ordentlich zu. Ab dem folgenden Abend hatten wir permanent zwischen 25 und 30 Knoten Wind, es regnete in kurzen Abständen und nachts fuhren wir ein Riesenslalom durch die Bohrfelder der Nordsee. Trotz vielen Lagen Funktionswäsche, Hosen, Pullovern etc. froren wir wie die Schneider. Dann hat Ute mich leider im Stich gelassen und wir fütterten in familiärer Eintracht die uns begleitenden Delfine. Glücklicher Weise hat der Regen die Spuren schnell abgewaschen. Die Wettersituation änderte sich auch gestern nicht, nur mir war weniger schlecht und ich konnte mich ums Schiff kümmern. Ute verbrachte den Tag auf dem Fußboden vor dem Kartetisch, der tiefsten und damit ruhigsten Stelle im Boot. Heute haben wir alle Spuren der Überfahrt beseitigt, Wäsche gewaschen und einige Dinge am Schiff erledigt. Nie wieder werde ich ohne „Peter“, unserer Windfahnensteuerung, den Hafen verlassen. Er hat ununterbrochen Freikerl, auch bei Böen von 35 Knoten, im Kurs gehalten und selbst gröbere Wellen gut ausgesteuert. Dafür hat er heute eine Wäsche bekommen und sind für ihn nach Peterhead gefahren. Auch Freikerl hat alles Bestens weggesteckt und ist für dieses Wetter gemacht und noch lange nicht an seine Grenzen gestoßen. Allerdings taten sich nach der Fahrt neue Baustellen auf. Der Dieseltank ist mit fast 1000 Litern gefüllt und nicht dicht bei Lage läuft Diesel aus dem Revisionsdeckel des Tankes. Außerdem sind die Wassertanks undicht und wir haben heute 20 Liter Diesel/Wasser aus der Bilge gesaugt. Das bedeutet, dass der gesamte Salon ausgebaut werden muss, denn kluger Weise stehen beide Wassertanks auf dem Revisionsdeckel des Dieseltanks. Das haben wir uns für Belfast vorgenommen und wir mehr Möglichkeit haben uns mit Ersatzteilen und Zubehör zu versorgen. Das hebt uns nicht weiter an und wird in 2 Tagen erledigt sein. Haben das ja schon mal vorbereitet, hatten die Wassertanks dabei aber nicht ausgebaut. Es ist eben immer wieder was Neues. Sonst wär`s ja auch langweilig.

Peterhead soll der sonnigste Ort Schottlands sein. Der Hafen liegt direkt an einem Industriegebiet. Nach einer anstrengenden Fahrt ist das aber völlig egal wo man sich schlafen legt. Der Hafenmeister ist ein lustiger netter Mann, der immer Kapitän zu mir sagt. Im schottischen „Kapptann“ gesprochen. Der schottische Dialekt ist ohnehin lustig und dürfte das Sächsisch des Englischen sein. Leider gibt es hier nicht mehr die schön bunt gestrichenen Häuser wie in Dänemark. Grau in allen Nuancen ist vorherrschend. Aber die Sonnen scheint jetzt wirklich und der Wind ist schwächer geworden. Wir haben einen Spaziergang durch den Ort unternommen. Für unsere Begriff –Tristesse -, aber das liegt bestimmt am fehlenden Grün. Bäume gibt es nicht und alle Häuser sind aus Granit und Schiefer. Aber wir wurden von einer Palme begrüßt….DSC_0003 DSC_0006 IMG_4039 IMG_4037 IMG_4033 IMG_4026 IMG_4034Morgen werden wir nach Inverness, dem Eingang zum Caledonien Canal fahren. Das wird nochmal eine Nachtfahrt, aber den Prognosen zu folge kommt der Wind aus Süd und in 20 – 24 Stunden sind wir da. Jetzt müssen wir uns mehr mit Gezeiten und Strömungen beschäftigen. An einigen Stellen gibt es 3-4 Knoten Strömung. Das müssen wir beachten, sonst geht’s rückwärts!

6 Kommentare

  1. Der farmiliäre Buschfunkt hat gestern sehr gut funktioniert und wir waren alle froh, dass die erste Überfahrt von euch gut gemeistert wurde. Freut euch auf Inverness, Ford William und Loch Ness. Dort werden die Orte ein wenig bunter. In Ford William gibt es eine Whiskey Brennerei – von uns schon besucht – mit einem rauchigem Whiskey, der nicht übel ist.
    Liebe Grüße Birgit

  2. Hallo Ihr Lieben, dank AIS sind wir bei euch und haben die Einfahrt nach Peterhead gleich aufs smartphone bekommen! Dann erholt euch mal schön und tankt Kraft für die kommende Etappe. Vielleicht doch gut, dass die Anstrengungen jetzt kommen, dann wird die Technik auf den Prüfstand gestellt! LG derzeit aus Polen / Poznan – sagen Juli&Jens

  3. Lieber Atze,
    Achtung, Obicht, „elderly people“ – und nun ist es bei Dir selber wieder so weit. Ich wünsche Dir, trocken auf dem Hardenberg sitzend, alles Beste – für weitere Rasmus-Prüfungen, aber auch für die Prüfungen, die das Leben an uns stellt. „Gettin‘ old is not for Sissies“, weißt Du ja – auch wenn das für Dich Jungspund noch kein wirkliches Thema ist. Allet Jute, wie der nörgelige Brandenburger kurzangebunden zu seinem Stoff-Beutel spricht, allzeit Handbreit. Und einen ordentlichen Malt in Griffnähe – nicht alles zur Götterbeschwörung ins Wasser kippen.
    Ganz herzlich: Euer Süßwasser- und Leicht-Matrose Nils

  4. Glückwunsch zur ersten Etappe und natürlich zum Geburtstag.
    Da hatte ihr ja ein paar tolle Tage in der Nordsee.
    Ich suche mir beim nächsten Mal Segeln auch ein anderes Revier aus.
    Hier scheint seit zwei Wochen die Sonne mit leichter See und 3 bis 4 Bft.
    Ist total langweilig ;-)

    Freu mich auf November!

    Gruß aus den Kornaten
    Matti

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