Der Autor hat ne Schreibblockade

Die Schreibblockade ist fast 76 cm groß, 10 Monate alt, bis jetzt weiblich und hat vor 14 Tagen in Oban unser Boot besetzt. Seitdem heißt das Zentrum der Welt Alma Carlotta. Meist ist sie wie das Wetter bei ihrer Ankunft – sonnig. Aber sie kann auch anders! 

Oban ist eine nette kleine Stadt, welche um eine alte Whisky-Destillerie (gegr. 1793) an einer weitläufigen Bucht entstanden ist. Mit ca. 8000 Einwohnern, Bahnhof, Fährterminal, Busbahnhof und einer kleinen Fischereiflotte ist sie ein Hotspot und Verkehrsknotenpunkt zu den westlichen Highlands und Ausgangshafen für Fahrten auf die westlichen Inseln. Wahrzeichen der Stadt ist ein Kolosseum, welchen ein wohlhabender Unternehmer Ende des 19. Jhdt. errichten ließ, um ein Kulturzentrum zu errichten, aber auch um die Arbeitslosigkeit der örtlichen Bevölkerung, insbesondere der Steinmetze, zu mindern. Vor Fertigstellung verstarb der gute Mann und verfügte in seinem Testament, dass seine Erben das Bauwerk vollenden sollten. Diese jedoch weigerten sich seinen letzten Willen zu erfüllen und somit steht das Bauwerk heute noch ohne die Gebäude für das Kulturzentrum. Wie so oft, vermachte seine Witwe „den Trümmer“ der Stadt und somit müssen die Obaner sich um den Erhalt kümmern. Aber sie haben dadurch auch ein eindrucksvolles Wahrzeichen über der Stadt mit wunderbarer Aussicht auf die Bucht und die vorgelagerten Inseln Kerrera, Mull und die Highlands. Das Wetter ist hochsommerlich warm und sonnig. Durch die vielen Cafés und Restaurants auf der Uferpromenade stellt sich selbst in Schottland südländisches Flair ein. 3 Nächte Oban genügen und wir fahren in „unsere“ Lieblingsbucht nach Loch Aline, um den Kindern die Beschaulichkeit und Schönheit bei diesem Wetter vorzuführen. Die Vorführung dauert 2 Tage, dann beginnt die Anfahrt zum Kaledonien Kanal in 2 Etappen. Wegen der „Schreibblockade“ unternehmen wir nur kurze Törns von 10 -15 sm. Außerdem haben Moni und John von der „Flyaway“ angeregt, dass wir uns doch noch einmal vor unserer Abreise treffen sollten. So geht’s nach Dunstaffnage 10 sm nordöstlich von Oban. Wir verbringen einen schönen Abend zusammen und die beiden bieten uns an, dass wir ihr Haus in Edinburgh auch während ihrer Abwesenheit für einen Besuch Edinburghs nutzen können. Die kennen uns doch gar nicht! Wir sind sprachlos und gerührt über so viel Gastfreundschaft und Vertrauen. Die Bekanntschaft mit Moni und John hat meinen fast erstorbenen Glauben an das Gute im Menschen wiederbelebt! Danke dafür! In Dunstaffnage trennen sich unsere Wege, sie fahren nach Norden, um Mull zu umrunden und wir wandeln auf den Spuren unserer Reise vor 10 Jahren und gehen in Loch A Choire an eine Mooringtonne. Damals ankerten wir hier bei schlimmstem Regenwetter mit der Gross-Familie neben einer Fischfarm und auch der nächste Morgen zeigte nur graue Berge. Heute liegen wir bei schönstem Wetter inmitten einer malerischen Landschaft mit weidendem Rotwild. Als Farbtupfer hat der Besitzer dem Rudel einen schönen Schimmel dazugestellt. Ganz schön kitschig. Wir sind glücklich, dass wir nun schon seit fast 2 Wochen solch unerwartet schönes Sommerwetter genießen dürfen. Der mit 1345 m höchste Berg Schottlands – Ben Nevis – der „seinen Kopf immer in den Wolken hat“ – zeigt seinen Gipfel nun schon zum 4. Mal. Das ist wohl eine absolute Rarität. Das schöne Wetter macht das Zusammenleben mit 5 Personen auf engem Raum auch wesentlich angenehmer und stressärmer. Vor Einfahrt in den Kanal legen wir in Corpach an, um unsere Vorräte nochmals aufzufüllen.

Nach dem Frühstück rufen wir das „Corpach Sealock“ über Kanal 74 an und schleusen zügig bis zur Mittagspause durch 11 Schleusen, darunter die berühmte Schleusentreppe „Neptune`s Staircase“ mit 8 hintereinander folgende Schleusenkammern. Und wieder scheint die Sonne für Shirt und kurze Hosen. Der Kanal ist Anfang des 19.Jhdt. zwischen Fort Williams im Westen und Inverness im Osten erbaut worden. Der Kanal ist ca. 100 km lang, 29 Schleusen und 10 öffenbare Brücken müssen passiert werden. Über viele Jahrzehnte wurden die Schleusentore über riesige Spills betrieben, wo mehrere Männer die Winden mit langen Hebeln drehen mussten, um die Klappen und Tore über Kettenzüge zu bedienen. Heute werden Hydraulikzylinder per Knopfdruck aktiviert. Ute und Julian waren schnell eingespielt und haben Freikerl fast berührungslos durch die Schleusen manövriert. Überall im Kanal gibt es Anleger mit Waschgelegenheiten. Im Loch Oich schwoien wir bei Sternenhimmel am Anker. Julian badet den Blinker der Angel im Wasser und tatsächlich beißt auch ein minderwüchsiger Barsch. Vor Fort Augustus bleiben wir eine Nacht unfreiwillig stecken, da die 200 Jahre alte Schwingbrücke den Dienst versagt und weder auf -noch abgeschleust werden kann. Am nächsten Morgen dreht sich die Alte Dame wieder und wir gehen schnell durch die 5 Schleusen talab und fahren noch 13 sm zum „Urquhart Castle“, wo wir an der einzigen Boje eine einsame und ruhige Nacht auf dem spiegelglatten See vor der berühmten Burgruine verbringen.

Zu unserem großen Erstaunen haben wir nun schon seit fast 3 Wochen schönes Wetter mit seltenen kleinen Nieselschauern, aber leider auch keinen Segelwind. Wie vor 10 Jahren müssen wir den Kanal unter Maschine durchqueren. Das hatten wir uns anders vorgestellt, trübt aber nicht unsere gute Laune. Das familiäre Beisammensein auf dem kleinen Boot funktioniert erstaunlich geschmeidig und wird nur durch Julians ärgerliche Siege bei den abendlichen Doppelkopfspielen auf die Probe gestellt. Noch 3x Trainingseinheiten und dann kehrt wieder Ruhe ein. 

Morgen werden wir Inverness erreichen und damit den Kanal durchquert haben. Nina, Julian und Alma verlassen uns am Dienstag wieder und wir müssen die Nordseequerung vorbereiten und entscheiden, ob wir das Angebot von Moni und John annehmen und einen Abstecher nach Edinburgh unternehmen. Wir werden berichten.

6 Kommentare

  1. Moin. Danke fürs „Dabeisein“ …am Tablet und den Blick in die Ferne. Außer drei Tage mit Peters „Manta 19“ und Peter (Kienzel) selbst auf dem Scharmützelsee war bei uns dieses Jahr segeltechnisch nichts los, dafür konnte ich ich nun endlich (endlich, endlich,…) meine Challenge „Bundesbeamter auf dem x-ten Bildungsweg“ abschließen. „Jetzt wird nur noch gesegelt“ ist ein hehres Ziel und wohl nicht ganz umsetzbar.
    Liebe Grüße, Micha Prüfert

    1. Gratulation! Da habe ich gleich mal ne Fachfrage: Wenn ich illegal viel Wein in Schottland eingeführt habe und führe die gleiche Menge Alkohol in Form von Whisky wieder aus, ist das dann ein „Nullsummenspiel“ und ich gehe zollfrei raus??? ;-) Liebe Grüße und nun: Beine hoch! Atze & Ute

      1. Den Schotten, also auch den Beamten, ist das egal.
        Die sind froh, wenn sie ihr Zeug loswerden.
        Probleme sehe ich da eher, wenn Wein aus aus Frankreich, Spanien, Portugal oder Italien bei „denen“ eingeführt wird (andere Herkunftsländer spielen keine Rolle).
        Es sei denn für den Eigenbedarf🤣.

        §15(1),(2) Urlaubs-VO
        i.V.m.
        §§22-28 Mach-Einfach-VO

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