Um nicht zu viele Meilen mit unserer „Reisegruppe Groß“ abzuspulen, haben wir beschlossen den Abflughafen auf Puerto Rico von St. Martin mit dem „Inselhopper“ zu erreichen. Wir fliegen mit, da wir Nina abholen wollen, die ebenfalls nach Puerto Rico flog. Nachdem Interpol schon Karls Pass als gestohlen ausgeschrieben hat, war es spannend, was unsere amerikanischen Freunde finden werden. Wir passieren den U.S.Customs ohne Probleme und freuen uns über die Stempel in unseren Pässen, die uns den Weg zur Einreise nach Puerto Rico mit dem Freikerl ermöglichen sollen. Reisegruppe Groß stand am Nachbarschalter und verschwand plötzlich in den Gedärmen der amerikanischen Grenzbehörden. Auf dem Gepäckband zogen die Gepäckstücke der „Groß“familie nach 2,5 Stunden immer noch einsame Runden. Eine Fehlangabe bei der Passnummer in der ESTA-Genehmigung führte zu den massiven Verzögerungen. Die Beamten versuchen vergeblich, die Zahlen in die richtige Reihenfolge zu bringen. Nach einigen Stunden geben sie endlich auf und entlassen die gebeutelte Familie mit der Auflage, den Flughafen nicht verlassen zu dürfen. Wir haben derweil 2 Stunden das kreisende Gepäck bewacht und dann beschlossen uns auf die Suche, nach dem Ankunftsgate unserer Tochter zu machen. Der Flug ist nirgends angeschrieben, Ute bekommt Schweißflecken auf der Stirn und ich versuche, den ATM zu überreden uns einige Dollar zu spendieren. Zwischenzeitlich taucht die „Großcrew“ entnervt auf. Sie haben zufällig einen Deutschen belauscht, der seine Enkelin mit dem gleichen Flieger erwartet. Er bekommt bei Condor heraus, dass das Flugzeug gleich landet. Wir hoffen. Er bemerkt kurz, dass wir in der Karibik sind und er das kennt, da er seit 30 Jahren hier lebt. Alles gut, Nina da, Großfamilie im Check-In nach Deutschland – der Flug ist 2 Stunden nach hinten verschoben – beste Hoffnungen für den Anschlussflug von London nach Berlin? (Hat aber dann wohl geklappt – zwischenzeitlich haben wir erfahren, dass 2 Taschen erst einige Tage verspätet in Halle angekommen sind….wenigstens was ….)
Wir schnappen uns ein Taxi und fahren zum „Caribe Hilton“. Proletarischer Luxus, riesig, am Meer, mit „Infinty-Pool“ (ich wusste nicht, was das ist), in den 70ern gebaut und für unsere Verhältnisse, viel zu teuer. Aber alle anderen Hotels waren noch teurer, oder zig Kilometer weit vom Flughafen oder von der Altstadt San Juan`s entfernt. Abends lassen wir uns in die herrliche Altstadt fahren und durchstreifen die lebendigen Gassen und Plätze. Wir landen an einem kleinen Platz am Meer. Eine Band hat die Instrumente unter einem Partypavillion aufgebaut und ältere Damen heizen die Stimmung an. Uns erschließt sich nicht, worum es hier geht. Wir vermuten, dass ein Volkskunstverein ein Konzert zum Valentinstag gibt und das Publikum mit kleinen Geschenken und Spielen belustigt wird. Die Leute haben Ihre Rhythmusinstrumente mitgebracht und machen begeistert mit. Wir fallen inmitten der Leute auf und bald tanzt, die nicht mehr ganz junge aber gute Sängerin, auf uns zu und will wissen, was wir hier machen und wo wir herkommen. Wir verstehen kein Wort, spüren aber, dass sie freundlich über uns spricht und die Leute applaudieren. Auch wir bekommen Geschenke, 2 Bierbüchsenkühler und 3 Puerto Rico- Fähnchen, mit den wir artig winkend uns bedanken. Ein schöner Abend voller Erlebnisse. Nur unser Hotel passt da überhaupt nicht rein. Beim auschecken bemerken wir, dass alle Preis ohne Steuer angegeben wurden und auch noch Kurtaxe erhoben wird. Nun klafft ein erneutes Loch in der Bordkasse.
Der Rückflug nach St. Martin dauert nur eine knappe Stunde und führt bei der Landung nur wenige Meter über den lautesten Strand der Welt, wo hunderte Schaulustige darauf warten, dass die Ballonreifen der Flieger ihnen beim Landen schwarze Streifen auf den sonnengebräunten Körper radieren.
Wir bunkern, waschen Wäsche und verlassen am Mittwochnachmittag die Lagune von Port La Royal. 20 Knoten Wind und eine unschöne Welle von achtern schieben uns nach Nord/Westen. Ute und Nina leiden unter den Seegangsbedingungen, aber dafür sind die 80 sm schnell abgespult und kurz nach Sonnenaufgang machen wir auf den British Virgin Islands an einer Mooringtonne fest und klarieren ein. Am nächsten Tag verholen wir uns in eine Traumbucht mit weißen einsamen Stränden und nur einem weiteren Boot vor Anker. Was für ein Leben. Leider dampft ein Motorboot mit 16 trinkfreudigen Spaniern/innen nach dem Mittag in die Bucht, die bis Sonnenuntergang im Wasser lärmen und sich volllaufen lassen. Aber auch sie sind im Paradies, nur gehen sie damit anders um… In der Nacht dreht der Wind und hohe Wellen drücken in die Bucht, die uns sämtlichen Schlaf rauben. Der Anker ruckt und wir befürchten, dass er ausbricht. Da wir hinter einem Riff liegen ist es nicht so einfach nachts aus der Bucht zu fahren und so warten wir bis es einigermaßen hell ist. Inzwischen steht der Wind mit bis zu 40 Knoten auf unseren Liegeplatz. Wir verziehen uns in die gegenüberliegende Bucht und hängen uns zum Frühstück an eine Tauchtonne. Nach einem kurzen Nickerchen zieht uns die Genua nach Westen in die sichere Bucht von Peter Island. Die B.V.I. sind rappelvoll. Man sieht Segel soweit das Auge blicken kann. Wie auf dem „Cossi“ beim Ansegeln. Man findet immer einen Platz zum Ankern, aber selten ist man außer Hör – und Rufweite. Wir beschließen, schnellstmöglich weiter zu ziehen, auch wenn das eigentlich ein traumhaftes Segelrevier sein könnte. Aber das ist alles zu viel für uns.
Auf Tortola in der malerischen Seeräuberbucht von West End machen wir an einer Mooring fest. Hier ist der Port of Entry, wo wir ausklarieren können. Allerdings beginnt hier eines der ärgerlichsten Kapitel unserer Reise.
Wir können nirgends herausbekommen, ob unser Stempel aus Puerto Rico ausreicht, um mit Freikerl in den US Virgin Islands einzureisen. Daher entschließen wir uns, den Ratschlägen im „Netz“ zu folgen und mit der Fähre in die US. V.I. einzureisen und sofort wieder auszureisen. Die Leute der B.V.I. kennen diese Praxis und so steigen wir auf die Schnellfähre, nach 30 Minuten stehen wir vor dem US. Customs and Border Protection. Der Beamte ist freundlich und erklärt uns, dass das nicht nötig gewesen wäre, da Puerto Rico und US Virgin Island alles Amerika ist. OK – 200 Dollar für die örtliche Wirtschaft ausgegeben, aber wir sind drin. Anderthalb Stunden später sitzen wir wieder in West End und genießen den Sundowner mit einem gültigen Einreisestempel für die US.V.I. mit unserem Freikerl in einer schönen Kneipe mit auffällig! netter Bedienung. Wir haben uns mit dem US-Beamten für den nächsten Tag wieder verabredet, um erneut, diesmal mit Freikerl einzureisen.
8 Seemeilen unter Genua und wir lassen in St. John im Vorhafen den Anker fallen und unser Beamte bemerkt, dass wir unsere Verabredung wahrgenommen haben. Freikerl schwoit mit amerikanischer Gastlandflagge am Anker. Allerdings werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns im 15 sm entfernten St. Thomas auf dem Weg nach Puerto Rico abmelden müssen. Das sei nur eine kleine Formalität und geht schnell. Dabei werden uns die gleichen Formulare über den Tisch geschoben, die wir schon bei der Einreise auf die US.V.I. ausgefüllt haben. In St. Thomas verlassen wir den Ankerplatz, verholen uns für ein paar Minuten an eine Mooringtonne um beim Customs, unsere Formalien zu erfüllen. Der Hafenmeister ruft 20 Dollar auf und ist unfreundlich. Scheiße! Egal! Die freundliche Beamtin nimmt unsere Zettel entgegen, braucht noch ein paar wichtige Angaben, wie z.B. die Bauwerft des Bootes und die Rumpffarbe… Es geht wirklich fix, und sie schiebt und das identische Formular nochmal herüber, da wir dies benötigen würden um aus Puerto Rico auszureisen. Wir könnten es ja schon mal ausfüllen …. Außerdem bekommen wir einen Zettel, auf dem Telefonnummern vermerkt sind, die wir anrufen sollen, sobald wir die entsprechenden Inseln oder Städte von Puerto Rico erreichen. Immer wieder füllen wir Formulare aus, die in großen Kartons landen. Microsoft und Apple sind hier wohl völlig unbekannt. Bisher waren alle Staaten in der Lage unsere Daten im Rechner zu speichern und sofort wieder abzurufen und auszudrucken. Der NSA-Skandal ist bestimmt eine Zeitungsente!
Unser nächstes Ziel ist Isla de Vieques an der Ostseite Puerto Ricos. Die Sonne lacht, 20 Knoten raumer Wind und moderate Welle. Das Segeln bringt mich wieder in ausgeglichene Bahnen. Die Insel war lange Zeit militärischer Sicherheitsbereich und ist wenig besiedelt. Wir fahren in eine mangrovenumsäumte Lagune und ankern auf 5 m im festen Schlick. Herrlich, ein Paradies entdeckt, wir sind ganz allein und schwoien friedlich am Anker. Ankerschluck, Genuss der unglaublichen Einsamkeit! Ute holt mich wieder in die Realität zurück und hält mir das Handy unter die Nase, damit ich beim Customs anrufe. Sie telefoniert nicht gern. Ich bekomme eine andere Nummer und erreiche einen wiederum freundlichen Beamten, der scheinbar nicht weiß auf welchem Planeten er lebt. Er hängt uns immer wieder in die Warteschleife, wenn es um geografische Informationen geht. Wir wissen auch nicht, wo wir angerufen haben. Möglicherweise haben die Amis den Service nach Indien outsourct. Nach 39 minütigem Telefonat, hat er sämtliche Angaben zum Boot, zu den Reisenden, incl. aller Daten aus dem Pass abgefragt und notiert, um uns dann mitzuteilen, dass wir in der 10 sm westlich entfernten Bucht den Anker werfen, mit dem Dinghi zum Anleger fahren, uns dort ein Taxi zum Flughafen nehmen und dort beim US Customs and Border Protection die Cruising Licens für 47 Dollar holen sollen, die uns berechtigt, Puerto Ricanischen Gewässer zu befahren. Ich habe es endgültig satt. Dieser amerikanische Überwachungs – und Bevormundungsstaat, der sich unter dem Deckmäntelchen der Freiheit als „Leitstern“ am Welthimmel präsentiert, verhält sich nicht anders als Russland in den 70er Jahren als mein Onkel Ernst mit dem Trabbi nach Moskau fuhr oder Nordkorea heute. Ich schäume! Wir wollen schnellsten weg hier. Vielleicht ist uns diese Praxis – als Ex – DDR-Bürger- doch noch zu nahe.