Horta erhält sich das „dezemberliche“ Weihnachtsmarktwetter. Dennoch versuchen wir, mit dem Taxi bei einer Inselrundfahrt, uns einen Eindruck der viel gerühmten Schönheit der Insel zu verschaffen. Doch bis auf einen kurzen Augenblick hüllt sich das Eiland in einen Umhang aus grauem feuchtem Nebel. Der Besuch des berühmten Vulkankraters Caldeira war eine U-Bootfahrt. Und so sollte es auch in den nächsten Tagen bleiben. Selbst wenn wir gewollt hätten, Freikerls Anwesenheit im Hafen hätten wir nicht auf der Mole dokumentieren können, da die Feuchtigkeit das Aufbringen von Farbe immer verhindert hat. Abgesehen vom originellen „Peter Café Sport“ mit seinen versoffenen Seglern, die sich ihre Heldentaten gegenseitig in die Taschen lügen, ist Horta meiner Meinung nach überbewertet. Kategorie: Ganz nett ….! Dennoch gab es ein kulinarisches Highlight für uns. Im „Canto da Doca“ bekamen wir Essen vom heißen Stein. Nichts Neues, aber hier besonders gut. Auf dicken Lavagesteinstafeln, die auf 500 Grad erhitzt wurden, konnte man sich selbst die vorher gewählten Leckereien aus Fisch, Fleisch und Meeresfrüchten zubereiten. Wenn der Stein langsam erkaltete, wurde er schnell durch eine neue Tafel ersetzt. Das Personal war nett und schnell, also wirklich bemerkenswert. Der Eigentümer meinte, dass er das Restaurant mit den meisten guten Köchen der Welt besitzen würde. Jeden Tag kämen Hunderte davon … Nach 2 Tagen ergattern wir doch noch einen Liegeplatz, was das Bunkern sehr erleichtert. Der französische Nachbar fährt eine Hanse 43 Bj. 2008 mit der er außerordentlich zufrieden ist. Da wir Greifswald als Heimathafen führen ist er sehr erfreut, als wir bei ihm längs gehen. Er erklärt uns in einem Nebensatz, dass er mehr als 40.000 sm mit seinem Boot gefahren ist und diese Hanse die erste Hanse sei, die Kap Hoorn gerundet hat. Wir erstarren voller Ehrfurcht vor der Leistung des über 70jährigen Ehepaars.Das Wetter verspricht für die nächsten Tage gute Bedingungen für die Fahrt nach Europa, und so hält uns nichts mehr auf Faial. Auch wenn die Azoren sicherlich reizvoll sind, so würden wir weitere 4 Wochen benötigen um diese zu erkunden. Leider haben wir die Zeit nicht und erklären das Revier zum Heimatrevier, in das wir nochmal zurückkehren wollen, vielleicht auch ohne eigenes Boot.
Sonntagabend verlassen wir die Insel und aalen uns in der nun warm scheinenden Abendsonne. Faial ist dabei immer noch von dicken Wolken verhüllt. Angel raus! Wenig später beißt ein Atlantischer Thunfisch und das Essen für den nächsten Tag lag blitzschnell im Kühlschrank. Das war der perfekte Start in die 1200 sm lange letzte Etappe nach Europa. Der Wind frischt auf und wir reffen alles aufs dritte Reff. 36 Stunden gibt’s nochmal raue See und etwas „Schpladadder“. Doch kein Vergleich zu den Bedingungen der vorhergehenden Etappe. Danach läuft der Motor öfter und bis auf die unangenehme Dünung haben wir ein ganz gutes Leben an Bord. Die Kombüse schickt immer wieder Köstlichkeiten aus der Küche und am vorletzten Tag wird auch schon mal der Weinballon geöffnet. Täglich besuchen uns neugierig Wale und Delphine. Eine Gruppe von Finnwalen mit Baby und Jungtieren sucht Schutz vor einem riesigen Walbullen bei Freikerl – und mir. Ein Blauwal taucht 10 m neben uns aus dem Wasser, pustet kräftig und zieht dann weiter. Bei uns bleiben weiche Knie vor Aufregung. Nach 10 Tagen auf See frischt der Wind nochmals auf und schiebt uns perfekt Brest entgegen. Nachts wird es dann eng in der Biskaya und wir schlängeln uns durch den Verkehr.In Brest kreuzen wir unser Kielwasser und somit ist die Atlantik-Runde vollständig. Jetzt hängen wir nur noch ein Schleifchen dran. Kurz vor Camaret sur Mer begegnen wir einer Minitransat-Regatta. Dabei erinnern wir uns daran, dass unsere Atlantikfahrt auch mit der Begegnung der Pogo 6,5 – Minis begonnen hat und halten das für ein „Zeichen“. Das Wetter ist „novemberlich“ und herbstlich feucht was die Sicht sehr einschränkt. Schade, dabei ist die Landschaft eigentlich spektakulär. Am Mittag des 11. Tages durchfahren wir die Enge vor Brest bei Stillwasser und am frühen Nachmittag stehen wir auf dem Anleger der Marina. Geschafft! 2 Meter unter Freikerls Kiel befindet sich europäisches Festland! Wir sind zu Hause! Wir entern die Duschen, trinken Wein und essen die herrlichen Muscheln im nahen Restaurant. Ute und ich sitzen noch lange im Salon und schwatzen uns weinselig in die Übermüdung. Der Hafen liegt reglos und ein spektakulärer Sonnenuntergang begrüßt die europäische Nacht.
Good morning London! Auf dem morgendlichen Weg zu den ersehnten Baguettes schaue ich mir das Ergebnis der britischen Volksbefragung an. Ich bin entsetzt! Nachdem wir im Laufe der Reise die europäische Idee immer mehr zu schätzen und nachzuvollziehen gelernt haben, verlassen die Briten das „Haus“. Regieren sollte man Profis überlassen und solche wichtigen Entscheidungen gehören nicht durch den dumpfen Mob bestimmt. Die perfekte Spielwiese für Populisten. Na dann schaun wir mal… Ich besorg mir jetzt erstmal eine EU- Fahne um damit in GB „einzufahren“!
Wir haben einiges am Freikerl zu tun und wollen dazu die nächste Woche in Brest verbringen. Die Genua, unser Motor, hat nach mehr als 10.000 sm seit der letzten Überarbeitung hier in Brest sichtbare Gebrauchsspuren bekommen und muss zum Segelmacher. Die Reffleinen im Großsegel müssen gewechselt und einige Splinte erneuert werden. Ansonsten hatten wir keinerlei Bruch auf der gesamten Überfahrt. Nur die Besteckschublade hat sich 1x in den Salon ergossen und ist gesplittert. Eine Essschüssel ist ebenfalls zu Boden gegangen und besteht nun aus mehreren Teilen. Ansonsten ist`s nur normaler Verschleiß, dem wir entgegenwirken wollen.
Seit Nassau haben wir insgesamt 4041 sm zurückgelegt und haben 36 Tage auf See verbracht. Auch wenn es zuweilen anstrengend war, der Schlaf oft zu kurz oder nicht erholsam war und wir uns manchmal fragten warum wir uns das antun, wo man doch in wenigen Stunden die Strecke fliegen kann – ich würd es wieder tun!
Hallo, Ihr Helden,
nun habt Ihr die Runde geschafft und Europa in seiner nun veränderten Form dank eigenwilliger Abstimmung der politisch demenziellen Insulaner hat Euch wieder. Herzlichen Glückwunsch zur erneuten Überquerung des großen Teiches. Respekt, Respekt!
Viele Grüße aus Istrien, Kroatien
Utz & Familie
Großartig! Ihr habt es geschafft – war auch nicht anders zu erwarten von dieser tollen Crew! Wir haben jede Möglichkeit genutzt und bei allen lokalen Kräften Informationen in der Zwischenzeit eingesammelt! Einfach nur ein Traum gedanklich dabei zu sein! J&J&J