Als im Jahre 2000 der „Exposparstrumpf“ für den Leipziger Südraum geschlachtet wurde und der Cospudener See als „dezentraler Beitrag der Stadt Leipzig zur Entwicklung von Bergbaufolgelandschaften“ entstand, hatte mein Freund Jens die Idee, den Sportbootführerschein Binnen zu erwerben, um an dem sich nun vermutlich sprunghaft entwickelnden Wassersporttourismus teilzuhaben. Wir hatten beide schon in unserer Kindheit mit dem Segeln zu tun, er auf dem elterlichen 20er Jollenkreuzer und ich auf dem Piraten von Tante Margot.
Nach zwei Wochenenden „Druckbetankung“ in der Surfmühle Boek unter der Egide der attraktiven Monika hatten wir den Schein in der Tasche. Nun stand dem Ausleihen des entsprechenden Segelbootes nichts mehr im Weg. Mein Bruder Uwe, ebenfalls beteiligt an der Ausbildung, wälzte diverse Gebrauchtbootmagazine und fand eine recht preiswerte H-Jolle in der Nähe von Brandenburg. GFK-Rumpf und Mahagonideck. Gesehen, verliebt und gekauft, ist das Schmuckstück noch heute der „Daysailer“ auf dem Cospudener See. Mit Sechsmeterzwanzig ist unsere H-Jolle „Ra-Kähte“ (benannte nach dem Sonnengott und der Großmutter) schon ein stattliches Schiff. Jedoch lag im Zöbigker Hafen ein riesiges Dickschiff, welches so schöne Formen hatte, dass ich mich zu dem Satz hinreißen ließ „Nie ein Dickschiff, aber wenn dies einmal verkauft werden sollte, so will ich es haben!“ Es wurde verkauft. Alle Knöppe zusammenkratzend, haben wir die C & C 24 Niagara gekauft und wähnten uns im 7. Seglerhimmel.
Mit der Größe des Schiffes wuchs auch der Drang nach Qualifikation. So nahm ich mit dem Sportbootführerschein See und dem Sportküstenschifferschein die nächsten Hürden. Dummer Weise führte mich der Praxistörn beim SKS rund Elba auf ein richtig dickes Schiff und auf größeres Wasser. Das Revier auf dem Cospudener See wurde viel zu klein. Wir fassten den Gedanken und wollten zur Saison 2008 unsere C & C 24 auf den Weiten des Baltischen Meeres segeln lassen. Die C & C 24 ist ein sicheres, solides Schiff, was für die Küstenreviere vor Kanada konstruiert und gebaut wurde. Vorbesitzer tauften das Schiff nach einem Kinderbuchhuhn auf den originellen Namen „Prillan“. Unsere „Prillan“ sollte uns nun in der Saison 2008 auf den Ostseegewässern sichere Heimkehr garantieren. Doch Ende 2007 befielen mich Zweifel, ob wir so große Freude empfinden würden, wenn bei 12 Grad im Sommer das Ölzeug im einzigen Raum schimmelt, das Chemie WC sich bei Lage in den Salon entleert und ich bei Regen am vierten Tag in Folge mich um die „MauMauRegeln“ streiten muss.
Die soziale Enthaltsamkeit dem Freundeskreis und der Verwandtschaft gegenüber war vorprogrammiert. Im Januar 2008 offenbarte ich meine Bedenken meiner lieben Ute – verbunden mit dem Vorschlag doch ein größeres Schiff zu kaufen. Entgegen allen Erwartungen war Ute meinen Ausführungen zugetan und mit dem lakonischen Worten: „ Mir bleiben jeden Tag Leute in unserem Alter auf dem Tisch. Wer weiß was uns noch passiert…. Warum auf die Rente warten?!“ hatte ich ihr o.K.. Nachdem wir unsere finanziellen Rahmenbedingungen abgesteckt hatten, habe ich die einschlägigen Anzeigen in Magazinen und im Netz studiert und mehrere Besichtigungen vereinbart. So fuhren wir von Greifswald, über Neuhof und Kiel nach Fehmarn. Eigentlich war eine Fabola Diva 39 unser favoritisiertes Boot, aber trotz sehr schönem Innenausbau und sehr schiffiger Form, für mich zu eng und für uns Anfänger durch Backstagen vielleicht auch etwas zu sportlich. Auf Fehmarn sahen wir uns eine Bavaria 35 Holiday an. Besitzer war ein Kassler Segelverein. Das Schiff war gut gepflegt und komplett ausgerüstet. Auch wenn wir nie eine „Vereins -oder Charterrinde“ haben wollten, so war uns noch während der Besichtigung klar, dass es für uns das richtige Schiff sein sollte. Nach kurzem Brief – und Vertragswechsel waren wir uns einig und am 30.04.08 haben wir den Dampfer in Burgtiefe übernommen und nach Neuhof überführt.