Der mehrfache tägliche Wetterdatencheck treibt uns am Samstagmittag bei regnerischem Wetter aus dem Hafen. Kurze Gespräche mit Seglern, die das gleiche Ziel haben bestätigen unsere Ansicht. Auch der Nachbar Guy aus Florida bereitet sein Katamaran vor. Er fährt gleich mit 2 riesigen Parasailern back –und steuerbord ausgebaumt. Die Familie ist mit drei Jungs zwischen 11 und 13 Jahren 3 Jahre unterwegs und kommt aus der Ostsee. Jetzt geht’s für sie zurück mit der ARC. Wir machen uns auf den 550 Meilen langen Weg nach Lanzarote. Der anfänglich gute Wind lässt bald nach und so muss der Jockel wieder den Vortrieb bringen. Doch bei Einbruch der Dunkelheit fahren wir unter vollen Segeln in die erste Nacht. Ab und an lassen Löcher in der Wolkendecke das Mondlicht auf dem Meer tanzen. Mittlerweile haben wir nahezu Tag -und Nachtgleiche, das heißt, dass die Dunkelheit 12 Stunden anhält. Die Zeit vergeht schnell und so dösen wir rum, lesen, hören Musik und machen unser Essen. Der Seegang ist schwach und Freikerl wiegt uns nach Süden. In der dritten Nacht ist Vollmond und der Himmel wolkenlos. Die Gefühle schlagen Purzelbäume! Silbrig schimmert das Meer und Rodriguez singt von der Suche nach dem Sugar Man und dem Silver Magic Ship. Ich wische mir die Glückstränen heimlich aus den Augenwinkeln und brauche keinen Sugar Man zu suchen – ich habe ihn. Allein im Cockpit genieße ich in vollen Zügen. Der Wind dreht wie vorhergesagt über Südwest auf Nordost und am dritten Tag setzt eine unangenehme Dünung ein. Mittlerweile haben wir den Wind platt von Achtern und die Wellen aus Nordwest. Wir versuchen verschiedene Segelkonstellationen. Die ausgebaumte Genua erscheint als beste Lösung. Peter hat Mühe bei dem Wind sauber zu steuern. Freikerls Heck schiebt durch den Wind und niemand sagt ihm wo Luv und wo Lee ist. Doch er hält die gesamte Zeit tapfer durch. Auf der bis zu 4 – 5 Meter hohen Dünung schiebt sich eine rumpelige Windsee heran. Freikerl wird in den Wellen hin und her geworfen. Es fühlt sich an, als ob wir in einem Cocktailshaker sitzen. Auch wenn wir wussten, dass die Wellen unangenehm werden, da ein Sturm vor Schottland den Atlantik aufgewühlt hat und er seine Wellen weit nach Süden schiebt, so leiden wir dennoch. Freikerl geigt durch die Wellen und wir verkeilen uns in unseren Lagerstätten. Schlafen ist schwer, da man hin und her geschleudert wird und zuweilen auch den Boden unter sich verliert. Alles nicht gefährlich – nur sehr unangenehm. Nach 36 Stunden wird es besser und wir merken, dass diese Seegangsbedingungen auch an der Kondition nagen. Der Wind ist mit 12 Knoten nicht besonders stark und so brauchen wir etwas länger als wir erhofft hatten. Um 6 Uhr morgens in der 5. Nacht erreichen wir Arrecife die Hauptstadt Lanzarotes. Die Marina ist rappelvoll, da viele Liegeplätze von der hier in die Karibik startenden Minitansat belegt werden. Wir haben also Dominik Lenk eingeholt … Nach insgesamt 587 Seemeilen (1087 km) und 115 Stunden auf See haben wir die bisher längste Überfahrt geschafft und sind glücklich. Ute hat etwas gelitten, etwas Angst verloren und muss sich erst einmal erholen. Anders ist ein perfekter Reisebegleiter und umsichtiger Mitsegler. Ich lasse mir die Glücksgefühle über die Erfüllung eines weiteren Lebenstraumes nicht anmerken – Kanaren auf eigenem Kiel! Früh um 7 Uhr gibt’s den notwendigen Anleger und wir sitzen mit Gin/Tonic im Salon. Ausschlafen!
Hallo, Ihr Lieben,
herzlichen Glückwünsch zur gelungenen Überfahrt. Während heute die Kürbisse leuchten und hier das Klingeln in der nachmittäglichen Dunkelheit an der Tür mit „Süßes oder Saures“ den Herbst zementiert, könnt Ihr die Wärme und Sonne genießen. Erholt und stärkt Euch vor der längsten Etappe über den großen Teich. Wie immer denken und lesen wir mit großen Respekt von Euch! Handbreit!
Utz
Hey Autze,
ein bißchen Gänsehaut habt ihr mir nach Leipzig geschickt; das Mondbild verstehe ich aber nicht – rechts der Mond und in der Mitte? Ein Ufo?
Und dann dieses Atlantikfieber – passt auf, dass ihr euch nicht infiziert! Die Minitransats in Arrecife sind schon megageile Schüsseln – wochenlang Entbehrung pur und immer angekickt… und in der Karibik dann schön abmatten – thats life!
Handbreit!
Holger