Wir verlassen am frühen Morgen die schicke Marina Palmas del Mar und segeln gemütlich nach Westen zur Isla Caja de Muertos, die 6 Meilen südlich von Ponce liegt, wo wir morgen ausklarieren wollen. Der Revierführer empfiehlt den Yachtclub, deren Personal bei den Behördengängen behilflich sein soll. Nach ruhiger Nacht vor der „grausigen“ Insel fahren wir zum Yachtclub. Weder per Telefon, noch per Funk ist Kontakt zu bekommen. Der fette unfreundliche Tankwart meint, dass Sonntag niemand da ist und wir sollen rüber ins Dorf fahren und in der vom Schwell gebeutelten Bucht ankern. Zwischenzeitlich hat der Wind zugenommen und treibt uns mit 35 – 40 Knoten durch die enge Marina. Also gehen wir in die Bucht, lassen das Dinghi zu Wasser und bauen den Motor an. In der Seekarte ist das Gebäude des „US Customs and Border Protection“ verzeichnet. Als wir klingeln, öffnet ein schlecht Englisch sprechender Uniformträger. Er erklärt uns, dass heute Sonntag ist und wir morgen zum Flughafen zum Ausklarieren fahren sollen. Wir ringen um Fassung, denn der „Verein für Uniformträger und zum Schutz der Bordercollies“ (so meine Übersetzung) hat eigentlich immer offen. Zurück an Bord beschließen wir Arbeitsteilung. Ute ruft die Hassnummer des Sinnlosvereins an und Nina und ich brausen mit dem Dinghi nochmal rüber zur Marina, um dort einen Liegeplatz zu ergattern. Beides erfolglos. Die Leute im Hafen wollen nichts mit uns zu tun haben und sind unfreundlich. Die Uniformtante am Telefon meint völlig überlastet zu sein und Ute soll später wieder anrufen. Es ist Mittagszeit. Wir wollen nur noch weg hier und belesen uns über die Einreiseformalitäten in der „DomRep“ – nein nicht das! Da wollen wir nicht schon wieder ein riesen Procedere über uns ergehen lassen. Familienbeschluss! Wenn die Amis uns jemals wieder aus ihren Fängen entlassen fahren wir die 600 sm direkt nach Jamaika. Ute ruft nochmals an und erklärt, dass wir ganz dringend heute noch das Land verlassen müssen. Dann war alles ganz einfach. Wir sollten zum Yachtclub kommen, an der Tankstelle gibt es extra einen Anleger für den US Customs … Der Officer war nett, hat uns den nun zum 7. mal handschriftlich ausgefüllten Zettel abgestempelt und war nach wenigen Minuten verschwunden. Der fette, faule und unfreundliche Tankwart rührt keine Hand, als wir den Anleger wieder verlassen. Nach 6 Stunden haben wir unsere Freiheit wieder und tuckern zu einer Lagune, wo wir nochmals kurz übernachten wollen. Manatees und Schildkröten tummeln sich im Wasser. Wir klarieren unseren Haushalt und bereiten uns auf die 5-tägige Fahrt nach Jamaika vor.
Strahlender Sonnenschein begleitet unseren vormittäglichen Aufbruch. Die Nächte sind meist sternenklar bei abnehmendem Mond und die Tage bei schwachem Wind und achterlicher „Verschiebewelle“ recht sonnig. „Peter“ verrichtet treu seinen Dienst und wir faullenzen und versuchen einen Fisch an die Angel zu bekommen. Am Abend des 3. Tages verlässt uns der Wind endgültig und die Maschine muss laufen.
Ich höre ein komisches Geräusch. Fiepen…! Atze, der Bootshypochonder, vermutet technische Mängel. Nina ruft: „ Ein Wal springt.“ Dann taucht das etwa 6 Meter lange Tier unter Freikerl durch und hält seine Flosse in die Schraube. Zum Glück gab`s nur einen kleinen Hieb und es scheint dem Wal und der Schraube nichts Größeres passiert zu sein. Wir angeln aufgeregt weiter. Aber auch nach 4 Tagen nicht einen Biss. Nur das allgegenwärtige Braunalgengekröse hängt allenthalben am Haken.
Wir nähern uns dem Pointe Carrefour, dem südlichen Wurmfortsatz von Haiiti. Wir beschließen im Familienrat Spagetti/Pesto zu machen. Ute zaubert noch ein Gläschen selbstgemachtes Bärlauchpesto aus der Vorratskiste. Bestimmt schon 2 Jahre alt und laut Rezeptbuch schon mindestens 1,5 Jahre über dem Mindesthaltbarkeitsdatum. Mit Parmesan bestreuselt war das ein wunderbares Essen. … und das riecht…! Wir sind uns einig, dass wir zur Bärlauchernte in einem Jahr nochmal in den Auenwald müssen…. Ich muss zugeben, dass das Heimweh sich in Grenzen hält, aber ich habe schon mal von Gagar auf Rügen geträumt und nun denke ich auch noch an Bärlauch. Wenn das mal nichts zu heißen hat….?!?!
Tag 4, die Maschine läuft schon seit 18 Stunden, ich versuche, die Götter mit einem Pre-Sundowner gnädig zu stimmen. Während ich die Zutaten aus den Tiefen der Kühlschrankkiste fingere, versetzt uns wieder so eine aus dem Nichts kommende Welle und alles und alle fliegen durch die Gegend. „Rasmus, du Arschfi …“ brülle ich wütend. Dann das Geräusch: „rrrrrrrh“, „rrrrrrh“- sowie ein ansteigendes „ssssssssshhtt“. Bevor ich den Niedergang herausstürzen und die Angel fassen konnte, hatten sich die restlichen 50 Meter von der Angelspule in 2 Sekunden abgewickelt und Leine samt „Matti-Octopusköder“ waren Pfutsch. Den Brocken hätten wir ohnehin nicht aus dem Wasser bekommen. Schade ums Equipment! Ich pfriemle eine neue Leine samt Vorfach und Octopussi an die Angel und versuche es vergeblich weiter.
In den Morgenstunden des 5. Tages kommt Jamaika, untermalt von Bob Marley-Klängen, in Sichtweite und nach 121 Stunden auf See sind die 565 Seemeilen Geschichte. Kein rühmliches Etmal – 113 sm im Schnitt. Davon insgesamt 56 Motorstunden. Danke OM 615 – cooler Motor!
Die Errol Flynn Marina liegt in Port Antonio im Nord/Osten der Insel in einer sehr schönen und geschützten Bucht. Die Marina ist leer und der Hafenmeister freundlich. Nun warten wir auf den Custom und die Gesundheitsbehörden. Wir füllen zig Seiten Formulare aus. Wir sehen gesund aus und unser Kühlschrank ist sauber. Wir haben einen Fäkalientank und nutzen ihn auch. Deshalb läuft alles wie geschmiert. Der Hygienekontrolletti ist mit seiner erwachsenen Tochter da und fragt, ob er einige Fotos mit ihr und uns machen dürfe. Natürlich! Freikerl ist ein super Set! Nachdem wir am Vormittag um 11 Uhr angekommen sind, haben wir um 17 Uhr alle Formalien geklärt und sind drin. Der Hafenmeister entschuldigt sich, dass alles so lange dauert, aber wir seien auf Jamaika… Da dauert`s eben etwas länger. Egal, wir sind entspannt. Jamaika! Das ist auch immer so ein Traum gewesen ….
Hallo Ihr Lieben, wir verfolgen wie immer Eure tollen Berichte – wieder ganz toll geschrieben! Das macht Lust auf Meer und auf neue Abenteuer!
Die haben wir jetzt auch: am 29.02. ist unsere Tochter Jette geboren und wir sind total happy – trotz Schlafentzug!
VG Jette, Juli und Jens
Auenwald und Bärlauch, die Heimatreviere lauern überall? Was ist wichtig? Pampige Leute und Lebensträume, Braunalgen und Riesenfische, Formulare und kein Wind, von Insel zu Insel, egal ob Schlafanzug oder Bermudashorts – schön von euch zu lesen! Habt ihr rumgebunkert?
Handbreit!
holger