Bei Niedrigwasser und nach furiosem Leinenmanöver verlassen wir Peterhead. Wir müssen den Hafenmeister anrufen, der uns auffordert mit mindestens 6 Knoten durch die enge Hafeneinfahrt zu brettern. Freikerl schafft das eigentlich nur, wenn wir mitrudern. Ich dachte, dass das wegen der Strömung notwendig sei, aber in der Einfahrt kam uns ein „Ozeanriese“ entgegen, der wegen uns nicht anhalten konnte. Bei wunderbarem Geburtstagswetter motoren wir gen Norden und können am Kap die Segel setzen und nach Westen fahren. Nach genauer Berechnung der Strömungsverhältnisse war uns klar, dass wir mitten in der Nacht in Inverness ankommen würden und legten einen Übernachtungsstopp in Lossiemouth ein. Bei Niedrigwasser ist der Hafen nicht anzulaufen. Wir werfen davor den Anker und Ute zaubert mir aus den Resten des Vortages ein Geburtstagsmenü. Dafür bekommt sie den Namen „Lossiemouse Kombüse“ verliehen. Leider läuft nachts starker Schwell in die Bucht, der uns aus der Koje schleuderte. Kurze Nacht mit wenig Schlaf. Aber bei herrlichem Sonnenaufgang ziehen wir den Anker aus dem Sand und brechen zur letzten Etappe nach Inverness auf. Wir müssen bis 13 Uhr durch den Firth sein, ansonsten läuft uns bis zu 3,5 Knoten Strom entgegen. Das hätte mit Freikerls Spurtqualitäten wenig Sinn da hindurch zu bolzen. Die Sonne lacht und mit dem berühmten James Bond Klassiker „Cold Finger“ auf den Lippen motoren wir dem Wind entgegen, der genau daher weht, wohin wir fahren wollen. Nach einiger Zeit macht sich im Schiff ein Geruch breit, den wir am Abend zuvor schon bemerkten, aber nicht zuordnen konnten. Ich durchsuche das Schiff und Ute meint es riecht nach Batteriesäure. Stimmt! Unsere nagelneue Starterbatterie kochte und dampfte wie eine alte Lock. Motor aus, Segel hoch, kreuzen! … und überlegen! Ich rufe meinen Telefonjoker Ingo an, der mir einige gute Denkansätze mitgibt und mein nicht vorhandenes Fachwissen in diesen Dingen offen legt. Wankelmütig rufe ich Telefonjoker Nr. 2 an. Nico kennt die Bordelektrik etwas und gibt weiter gute Ratschläge. Wir überlegen eine Strategie und beschließen alles segelnd/kreuzend zurückzulegen und kurz vor dem Hafen den Motor nochmal anzuwerfen. Der Wind war kräftig genug, kam nur aus der falschen Richtung. 1 Stunde später war der Wind weg und wir trieben mit der Tide unserem Ziel steuerlos entgegen. Wir beschließen, den Motor doch nochmal zu starten um zu sehen ob die Batterie wieder kocht. Außer einem zarten Klicken war aus dem Maschinenraum nichts zu hören. Kein Wind! Kein Motor! Ich verfluche die beiden oben genannten Teilnehmer unsere Reise mit allen erdenklichen Schimpfwörtern. Mein Wortschatz ist in dieser Hinsicht recht umfangreich. Wir wissen nicht, ob die Lichtmaschine im Eimer oder die Batterie hinüber ist. Wir entscheiden uns den 50/50 Joker zu ziehen und ich baue eine Verbraucherbatterie aus,pfriemle die Anschlüsse um und ersetze die tote Starterbatterie. Ha! McBosch – nicht mit mir, der Jockel läuft wieder. Also Hebel auf den Tisch, die Tide läuft. Wir rutschen in der letzten Minute in den Inverness firth, wo wir von einer Delfinschule begrüßt werden. Die Einfahrt ist sehr schön, die Gipfel des Hochlandes sind mit Schnee bedeckt und es mutet wie eine alpine Landschaft an. Jetzt kümmert sich McRasmus um uns und schickt uns Regenwolken und Böen mit 30 Knoten entgegen. Keine Sicht und kaum noch Fahrt. Die Welle baut sich in Minuten auf und unser Freikerl kämpft sich wenige Meilen vor dem Ziel stampfend durchs Wasser. Mehr als 2 Knoten Fahrt sind nicht drin und die Gezeit läuft schon kräftig gegen uns. Jetzt reicht’s! Ich fluche wie ein Rosskutscher. Aber auch das geht vorbei und wir laufen unseren Zielhafen, die Inverness Marina an.
Wir werden uns am Montag eine neue Starterbatterie kaufen und alles ist wieder gut. Das Qualitätsprodukt aus Leipzig werde ich unfrei zurückschicken, ist ja schließlich noch Garantie drauf…
Aber wir sind froh, dass uns das alles nicht auf der ursprünglich geplante Nachtfahrt passiert ist, auch wenn wir die Probleme sicherlich wieder mit Bravour gelöst hätten. Daher opfern wir immer fleißig unseren Beschützern und Förderern McRasmus und neuerdings auch McBosch. Prost!
Nochmals vielen Dank allen Geburtstagsgratulanten für die vielen Grüße und Wünsche. Ich bin ganz gerührt und freue mich über jeden Kommentar zu unseren Berichten. Über Anregungen und sachdienliche Hinweise sind wir immer dankbar!
Beste Grüße von Lossiemouse Kombüse und Bastel Atze!
Hallo, Ihr Lieben, perfektes Krisenmanagement … und immer raus mit dem Ärger. Ich drücke die Daumen, dass die Schimpfwörter nicht zum Alltagsvokabular werden. Grüße auch an die eintreffende Verstärkung der Crew und an Nessi natürlich.
Handbreit Utz
Vielleicht entsteht innerhalb eurer Abenteuer für den Scrabble-Freund eine kleine Sonderedition des Spieleklassikers. Spontan fallen mir „Aggro-Scrabble“ oder was ganz Anderes wie “ Schimpfl‘ – Das Spiel für paranoide Neurotiker“ ein :):):)
Verregnete Grüße aus den Bergen an die stürmische Küste.
Der Ken(ner)
Lieber Atze, zuerst an Dich die allerherzlichsten Glückwünsche nachträglich zum Geburtstag. Die zweiten Glückwünsche gehen an Euch beide. Ich bin schwer beeindruckt, wie Ihr Probleme löst, die unsereins über den Rand des Verzweifelns hinaus gebracht hätten. Es ist nicht auszudenken, was passiert wäre, hättet Ihr nicht Rasmus bisher so üppig gehuldigt. Oder kann man sich die ganze Zeremonie sparen? Die Gelassenheit dürfte dann mit jedem Schluck mehr, den man sich selbst einverleibt, steigen.
Momentan sitze ich fasziniert über der Lektüre eines bebilderten Reiseberichts entlang des Caledonian Canal in der neuen Ausgabe der MARE. Ihr könnt Euch freuen. Grüße an Euch und den Crewzuwachs.
Ines und Alexander
Hallo Ihr Schotten! Ihr geizt ja recht ausgiebig mit Berichten und Fotos. Kein Strom? Kein Netz? Keine Zeit? Kein Geld? Keine Lust?
Hab mir letztens sagen lassen: wer meckert und flucht ist lebendig und aktiv.
Also, mehre Deinen Schimpfwortschatz. Das Englische hat diesbezüglich auch einiges zu bieten.
Handbreit! Derzeit unten, steuerbord & backbord.