Am Mittwoch (02.12.) sind wir fertig mit unseren Einkäufen und Vorbereitungen. Schetti hat sich schon am Morgen von Matti verabschiedet und sitzt im Heimflieger. Der Wind bläst kräftig aus Südsüdost, der Richtung in die wir wollen…. Dennoch beschließen wir Freikerl zu betanken und die ersten Meilen zu motoren. Monique verabschiedet uns, macht ein paar Fotos und wir dampfen gegen die Wellen an. Wir gönnen uns das erste Bier und freuen uns auf die nächsten ungewissen Tage. Ich verziehe mich in die Bugkabine, wo das Bier in meinem Bauch kräftige durchgeschüttelt wird. Mit den Worten „Das ist ja zum kotzen und das tue ich jetzt auch“ stürze ich den Niedergang hoch und übergebe das schäumende Gebräu den Wellen. Danach ist`s besser. Welch ein famoser Start des Skippers vor den Augen der Crew. Nach 5 Stunden unter Motor gehen die Segel endlich hoch und es wird ruhiger im Schiff. Die ersten Nächte sind sternenklar und ruhig. Freikerl zieht mit 5 Knoten nach Süden. Die Tage vergehen wie im Fluge und es gibt immer etwas zu tun. Unser Waschbeckenablauf versagt wieder den Dienst und die Salzwasserpumpe geht ebenfalls schon am 2. Tag der Nutzung zu Bruch. Aber wir finden für alles eine Lösung, Bohren, schneiden Gewinde, leiten um und am Ende geht alles wieder. Ute macht ihrem guten Ruf als beste Kombüse der Welt alle Ehre. Wir sehen Delfine und Wale, Matti hat immer etwas zu tun, Dirk optimiert Computerprogramme und ich hänge faul rum. Rasieren und Waschen wird zum tagesfüllenden Programm. Beim Essen sind akrobatische Kenntnisse hilfreich, damit man die vom Tisch rutschende Leckerei noch zu fassen bekommt und das Besteck nicht die 5-Minutensteaks des Nachbarn vom Teller schießt. Es dauert alles viel, viel länger… Der Wachrhythmus 3 Stunden Nachtwache / 4 Stunden Tagwache bestimmt unseren Alltag. Doch dadurch kommt keine lange Weile auf und alle bekommen ausreichend Schlaf. Auch wenn das bei unterschiedlichen Wellenkonstellationen nicht immer ganz einfach ist. Nach 3 Tagen haben wir uns an die vielen Geräusche gewöhnt und man wacht nicht mehr bei jedem Knarren gleich auf.
(05.12.) Kabelbrand auf dem 22. Breitengrad! Der „Wörstkäs“! Schwarze stinkende Qualmwolken steigen aus dem Sicherungskasten auf. Wir reißen hustend alle Luken und Türen auf. Beißend riechender Nebel durchwabert das Boot. Die 12 Voltsteckdose und die Dieseltankanzeige haben sich verabschiedet. Beim Reinigen der angeschmorten Kabel und isolieren der Schadstellen steigt auch noch der Windanzeiger aus. Nach dem ersten Schrecken haben wir uns alle wieder beruhigt und verzichten auf die Steckdose. Bei 1000 Liter Diesel im Tank ist die Tankanzeige nicht so wichtig und der Windanzeiger ist hilfreich, wenn er funktioniert, aber es geht auch gut ohne. Hauptsache Peter fällt nicht aus. Der steuert zuverlässig unseren Freikerl.
Die Etmale sind nicht berauschend, aber 5 Knoten pro Stunde erreichen wir und damit haben wir auch kalkuliert. Die Laune ist bestens und wir genießen die Tage, auch wenn der Fisch nicht richtig beißen will und die Sonne von grauen Wolken verhangen ist. Die Bananenstaude am Geräteträger beginnt zu reifen und wir führen ein paradiesisches Leben.
(07.12.) Die letzten 2 Tage hat weder der Windgenerator, noch das Solarpanel Energie erzeugt und unsere Energievorräte schwinden. Nach Einbruch der Dunkelheit starten wir die Maschine, um die Batterien zu laden. Wenige Sekunden später beginnt das Kabinenlicht zu flackern, das Voltmeter zeigt nur noch 9 Volt an und unter dem Kartentisch steigen wieder stinkende Rauchwolken auf. Ich reiße den Feuerlöscher samt Halterung von der Wand, Matti öffnet die Luken und nach wenigen Minuten haben wir wieder Sicht im Salon. Zum Glück gab es keine offene Flamme, so dass ich den Löscher wieder unbenutzt anschrauben kann. Da es bei der Kontrolle der Kabel wieder einen Kurzschluss gab, trenne ich die Verbraucherbatterien von Bordnetz, was dazu führte, dass der elektromagnetisch gebremste Windgenerator wieder Strom lieferte und den Laderregler zerschossen hat. Nun gab es weder vom Motor, noch von Windgenerator und Solarpanel Strom. Und die Batterien sind fast leer.
Neuer Kurs: Mindelo auf den Cabo Verde! 300 Seemeilen mit Kurs 210 Grad. Bei dem Wind knapp 3 Tage. Die Aufregung legte sich recht schnell und wir verbringen die nächsten Tage ohne Kabinenlicht, Navigationsinstrumente, Wasserpumpe, etc. Der Motor liefe im Bedarfsfall und nachdem wir alle Kabel am nächsten Tag gecheckt hatten, haben wir nachts wenigsten die Dreifarbenlaterne im Masttop angemacht. Die IPhone und IPad`s liefern die Position und Utes geliebte und von mir verlachte Solarleuchte lädt die Telefone. Wir versuchen die Ursache für diesen Zwischenfall zu finden und reden uns die Köpfe heiß. Fehlanzeige! Auch einen Zusammenhang zwischen dem ersten Vorfall und dem Komplettausfall der Elektrik können wir nicht erkennen.
Abwaschen mit batteriebetriebener Weihnachtsbaumbeleuchtung, die am 7.12. im Weihnachtskalender war – Wunder gibt es immer wieder! Danke!
Gut gelaunt und optimistisch erreichen wir am 10.12., nach 910 Seemeilen, die Bucht vor Mindelo auf Sao Vincente und machen in der Marina fest. Die Stadt ist bunt und laut – fast schon karibisch. Wir melden uns im Hafen an, klarieren ein und gehen zum Shipshop. 5 Minuten später haben wir einen Termin mit dem Elektriker für den darauf folgenden Tag um 10 Uhr vereinbart. Der Besitzer des Shops ist ein Deutscher, Kay Brossmann, der auch die Marina mit aufgebaut hat und der örtliche Raymarine Händler ist. Die Stimmung steigt, zumal die Insel schön zu sein scheint und viele freundliche und ausgesprochen gut aussehende Menschen uns begegnen.
Am nächsten Morgen erschein Cesar, der Elektriker. Er schüttelt entsetzt den Kopf und meint „real stupid Installation“. Innerhalb von 5 Minuten erklärt er uns die falsche Installation, falsche Kabeldimensionierung etc. und beginnt einen Plan zu entwickeln, wie die Energieerzeugung -und Speicherung funktionieren kann. Auch die Besonderheit der Elektroinstallation bei einem Aluminiumboot hat er auf der Pfanne. Klasse Typ! Am Folgetag verabreden wir uns zum gemeinsamen Kabelkauf. Cesar gibt mir vorher den Preis für die Kabel, nicht gerade preiswert, aber damit hatte ich gerechnet. Wir kurven mit seinem alten Ford Pickup durch den Ort und halten vor einem unscheinbaren Geschäft ohne Schaufenster. Im Inneren ist es schummerig und die Augen müssen sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Cesar meint lachend, dass er in diesen Laden immer nur mit Einkaufszettel geht, da er sonst vergisst, was er eigentlich kaufe wollte. Ein Tresen versperrt 2 Meter hinter der Eingangstür den Weg und ich stehe in einer Höhle, in der es alles gibt. Schulsachen, Gartenbedarf, Reifen, Fahrradzubehör, Tierfutter, Gummiwaren, Schrauben, Nägel, Werkzeug, Schläuche, Spielzeug, Getränke, Klempnerzubehör, Elektroartikel, Kaffeemaschinen, KFZ-Zubehör, Seilerwaren, Leder, Federn, Farben, Öle usw. usw.. Ich habe versucht etwas zu finden, was es nicht dort gibt. Es ist mir nicht gelungen. Der Laden ist voll. Kinder kaufen einige Meter Angelsehne und Haken, jemand kommt und braucht 6 Nägel und auch wir bekommen unsere Batteriekabel und Fädelrohre in gewünschter Dimensionierung. Bei der Rückfahrt zur Marina sammelt Cesar noch einen Helfer ein und dann geht’s los.
Die restliche Crew durchstreift die Insel mit dem Leihwagen und ich bin Handlanger beim Wiederaufbau der Energieversorgung. Ich hoffe, dass wir Mitte nächster Woche unseren Weg in die Karibik fortsetzen können.
Auch, wenn die Arbeiten auf dem Freikerl noch laufen, so muss ich nach den Erfahrungen der letzten Monate mit den Handwerkern wieder feststellen, dass die deutsche Überheblichkeit und Arroganz anderen Handwerkern gegenüber durch nichts gerechtfertigt ist! In Teneriffa hat der Raymarine Service mit keiner Silbe daran gedacht uns einen neuen Autopiloten zu verkaufen. Er ist mit uns rausgefahren, hat den Autopiloten im Hafenbecken gecheckt, ihn ausgebaut und mitgenommen, um ihn in seiner kleinen Werkstatt zu prüfen. Dann kam er wieder und hat einen neuen Fluxgate-Kompass mitgebracht, ihn eingebaut und ist wieder mit uns durch das Hafenbecken gefahren um ihn zu kalibrieren. Aufwand 3-4 Stunden, pünktlich, zuverlässig und incl. neuem Kompass für 150 Euro.
Cesar versteht offensichtlich sein Handwerk. Nachdem die Elektrik von einem deutschen Elektriker, der sich später dann wegen guter Leistungen zum Durchgangsarzt beförderte, installiert wurde und weitere Fachkräfte bei dem Ausbau des Freikerls beteiligt waren, werden wir nun hoffentlich hier auf den Cap Verden – in Afrika !!!! – eine fachgerechte Arbeit vornehmen lassen können. Ich werde berichten….
Hey DiMaAutze, was für eine Überraschung, so früh von euch zu hören! Ohne Strom nix los, dafür kapverden besuchen, Drücken euch die Daumen, dass die Verkabelung nun ok wird! Knobelt ihr schon aus, wer im Ernstfall in den Mast muss wenn da oben was schief läuft? Gruß vom Südatlantik, Handbreit! Holger und pretschi
Man, da habt ihr nochmal Glück gehabt … teu teu teu.
Ich hoffe ihr habt jetzt etwas stärkere Kabel drin und entsprechende Sicherungen davor. Zum Glück wusste euer Elektriker über die auftretende elektrolytische Korrosion bescheid. Nicht dass sich am Ende noch ein Loch in die Alu-Haut frisst. Lasst euch nen Schaltplan geben.
Grüße, viel Spaß und ne Handbreit …. Steffsche
Boar, wat für’n Scheiß! Wir haben den Eintrag mit kullerrunden Augen gelesen und uns die Hände vors Gesicht gehalten. Wissen wir doch, was ein Brand an Bord bedeutet. Nun drücken wir euch ganz feste die Daumen und wünschen euch noch viel Spaß auf der Insel der schönen Menschen. Liebe Grüsse vom Pretschiiiiii
Hallo Ute und Atze,
da auch mich in der letzten Zeit das Segelfieber gepackt hat, bin ich mehr als begeistert von Eurem kleinen Ausflug – und der mit herrlichem Humor und packend erzählten Erlebnisse.
Ihr lebt Eure Träume – etwas schöneres kann man sich kaum wünschen.
Euch möchte ich dringend empfehlen ab sofort vorsorglich einen top Elektriker mit Windkraft-, Speicher- und PV Erfahrung mit an Bord zu holen – wie immer vollkommen selbstlos – mich !
Viel Spaß, Glück und Erfolg für die nächsten Monate wünscht Euch
Torsten ❤️
Boh, was für Geschichten! Wir drücken Euch die Daumen für eine tolle Fahrt und bitte nur Berichte mit happy end! Ihr Lieben – eine gute Zeit und wir denken gern an die Stunde mit Euch im Hafen auf den Kanaren! Juli, Jens & x
Hallo liebe Freunde,
freue mich sehr, dass Ihr nun gut rübergekommen seid. Es ist schon immer unglaublich, was so passieren kann, trotz bester Vorbereitung. Ich wünsche Euch eine schöne Zeit und genießt die Karibik.
Herzliche Grüße Olaf