Die 50-stündige Überfahrt von Jamaika verlangt uns keine großen Künste ab. Am Abend legt der Wind eine 4-stündige Pause ein, um dann umso erholter frisch in die Segel zu blasen. Am Donnerstagnachmittag erreichen wir die Einfahrt zum Chanel vor der Lagune von Cienfuegos. Vorbildlich haben wir uns 12 sm vor der Einfahrt angemeldet und die „Port Security“ sagt, dass wir 5 sm vorher nochmal durchrufen sollen. „Kommt zum Anleger in George Town!“ Ok. Wir suchen in unseren Karten George Town. Beim zweiten Anruf versucht uns der Mann zu beschreiben wo das ist. „ Wenn ihr von Süden kommt, fahrt ihr westlich um die Insel herum und haltet Euch dann südlich um dann in den North Sound zu fahren“. Moment! Um welche Insel? Wir haben die Marina Marlin in Cienfuegos angerufen! „Oh, sorry! Sorry! This is Grand Cayman! Over!.“ Diese Inselgruppe liegt ca. 170 sm weiter südlich! Wie konnte der unsere Funke überhaupt empfangen? Wir versuchen immer wieder Verbindung mit der Marina zu bekommen. Nix. Wir versuchen es übers Telefon. Klappt! Man teilt uns mit, dass man schon sehr belustigt den Funkverkehr zwischen uns und den Caymans mitgehört hat…. Das hat die Jungs aber nicht ermuntert uns mal zurückzurufen… Na sie hatten wenigsten Spaß!
Wir gehen an den Steg, der Gesundheitscheck geht reibungslos und schnell. (Kostet dann ne 2l Flasche Coke). Der Hafenmeister erklärt uns die Spielregeln und kurze Zeit später haben unsere Pässe die erforderlichen Stempel. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei. Wir sollen uns einen Ankerplatz suchen, aber wenn ihr erstmal was Essen wollt oder Trinken – lasst Euch Zeit! Entspannung! Da haben wir uns nun lange auf die Einreise vorbereitet. Ich habe auf der Überfahrt noch ne ganze Staude Bananen aufgegessen, wir haben die restlichen Kartoffeln vorgekocht und die Schmuggelware wie Zwiebeln, Satellitentelefon, Knoblauch u.a tiefe im Bauch von Freikerl versteckt. Alles umsonst! Danke Cuba! Am Freitag waren wir auf dem Markt um zu schauen, wovon wir uns ernähren können. Alles sehr erfreulich! Wir werden nicht verhungern! Die Leute sind nett, entspannt, unaufdringlich und verstehen, wenn man mal was nicht möchte, oder man den Preis für zu hoch hält. Das wenige ungekühlte Schweinefleisch ist nicht so umwerfend, aber einige Gemüsetage würden mir wohl nicht schaden. Jetzt ist es wohl soweit. Aber ich hoffe noch auf den Hummer! Das „Cristal“ schmeckt und kostet nur einen CUC die Flasche. Hier bleiben wir! Am Abend kommt unsere neue 4 –köpfige Crew und erzählt von der abenteuerlichen Taxifahrt über die nächtlichen Autobahnen Cubas. Martin: „Nie wieder – ich war x-mal tot!“.
Am Samstag schlendern wir nochmals über den Markt und verproviantieren uns. Man kennt uns nun schon vom Vortag. Das Wasser lassen wir uns von den Fahrradtaxis zum Hafen fahren. Im Gegensatz zu unseren Eindrücken von vor 8 Jahren, sieht Cienfuegos wesentlich bunter und „unternehmenslustiger“ aus. Überall gibt es kleine Lädchen, Straßenhändler, Taxen (alt & neu). Jeder versucht irgendwie einige CUCs zu machen. Manchmal auch etwas zu schnell. Aber wenn man ablehnt, wird man nicht in endlose Diskussionen verstrickt – sehr sympathisch.
Die Ankerbucht ist ziemlich „fest in deutsch-französischer Hand“. Das Stones-Konzert in Havanna ist in aller Munde. Viele wollen hinfahren. Wir haben uns entschieden das sausen zu lassen, da es unserer Gastcrew den Urlaub zerlegen würde. Aber es ist so reizvoll die Stones nochmal zu sehen, und dann noch in Havanna, mit allen Cubanern, … ich bekomme Gänsehaut!
Im benachbarten Park gibt es einen mehrere Meter hohe Plastik. „Reflexion“. Ein Fleischwolf! Wenn das nicht direkte Systemkritik ist! Die haben Humor – die Kubaner!
Freikerls Atlantiktest
Der Wetterbericht verspricht 20 Knoten aus NordOst. Perfekt für unsere Überfahrt nach Cayo Lago. Wir nehmen Wasser, bleiben in der Nacht im Hafen und brechen früh auf. Der Wind nimmt zu, dreht genau auf Nord und pustet zeitweise mit bis zu 45 – 49 Knoten. Freikerls nimmt’s gelassen – im Gegensatz zu einigen Crewmitgliedern. Die Pütz geht regelmäßig zu Wasser um das Boot zu putzen. Unser geplanter Übernachtungsstopp nach 45 sm am Cayo Guano del Este muss ausfallen. Anderthalb Meter Welle. Also geht’s weiter nach Cayo Lago. Bei dem Wind sind die 80 sm schnell Geschichte und wir werfen bei Mondschein und noch stärkerem Wind unseren Anker in den Sand. Freikerl hat saubere Arbeit geleistet und uns sicher und komfortabel in die Touristenhochburg gebracht. Am nächsten Morgen verholen wir uns in die Marina und klären die Formalitäten. Alles geht entspannt und reibungslos. Pire, der Hafenmeister ist nett und ein Charmeur. Ich grüße ihn von der blonden kleinen Katamaran-Kapitana aus dem letzten Jahr. Er kann sich nicht so recht erinnern, freut sich dennoch und von da an sind wir beste Freunde. Als Martin dann noch als deutscher Arzt sein lädiertes Bein begutachtet und ihm sagt dass das mindestens 6 Wochen dauert, ist er vollends glücklich. Sofort erzählt er`s seinem Chef und entschwindet am nächsten Tag auf Heimaturlaub nach Havanna zur Genesung. Natürlich gibt’s noch das obligatorische Foto mit seinem „minderwüchsigen“ Kollegen, welches er mit meiner Erlaubnis auf Facebook stellen will. (Pire El Cid)
Im Paradies
Wir verlassen uns auf die Erfahrungen und Berichte der Cubasegler aus dem vergangenen Winter und wollen nach Cayo Campo. Wie empfohlen ankern wir in der Nacht im Canal del Rosario. Wir besprechen das Abendmenü, als die Fischer mit wunderbaren Langusten längsseits gehen. Die Zeit der Tauschgeschäfte ist in Kuba scheinbar vorbei, aber für 20 CUC bekommen wir 5 große Langustenschwänze. Martin und die Kombüse zaubern ein herrliches Essen und wir genießen die Einsamkeit, denn außer uns gibt’s nur noch ein 2. Boot in der Nähe. Für die Fahrt zur 35 sm entfernten Cayo Campo wählen wir die Route durch den Golfo de Batabano. Das Wasser ist leuchtend grün und die Sonne strahlt. Die Angel geht raus und nach einer Stunde ruckt`s endlich kräftig. Das „rrrrrrrh-Geräusch“ lässt mich zum Heck eilen um nach kurzem Kampf einen metrigen Baracuda ans Boot zu ziehen. Der Gaff bricht, aber der Bursche liegt kurz darauf mit einer tödlichen Rumnarkose im Cockpit. Auf dem Weg zur Ankerbucht passieren wir eine Fischerstation, wo wir fragen, ob wir den Burschen verspeisen können. Denn mit genau einem Meter Länge ist er an der Obergrenze der Raubfische, die man wegen der Ciguatera-Krankheit der Rifffische essen kann. Wenn wir den im Golf gefangen haben, können wir ihn futtern, wenn wir ihn am Außenriff gefangen hätten, so würde er abraten. Die Kombüse filetiert und würzt und ich benutze zum 2. Mal unseren goldenen Grill. Es schmeckt köstlich. Zumal wir nun vor einem Palmenbestandenen weißen Sandstrand liegen und in den Sonnenuntergang blinzeln. Auch hier sind wir fast allein.
Am nächsten Morgen fahren wir auf die Insel und werden von den Rangern/Fischern herzlich empfangen. Wieder bekommen wir Langusten und die Einladung für den nächsten Abend zum Essen zu kommen. Sie wollen für uns kochen. Gerne nehmen wir das Angebot an und freuen uns schon auf den Fisch. Tags wandern wir in brütender Hitze über die Insel. Bis auf die 4 Ranger, wohnt niemand weiter auf der Insel. Dennoch liegen überall Unmengen von Plastikmüll herum. Und um zu zeigen, wer der Verursacher der Schweinerei ist, sind auf der ganzen Insel Schuhe drapiert. Ein erschreckender Anblick! Überall in der Karibik sind wir auf diese Berge Kunststoffmüll gestoßen. Handlungsbedarf!!!
Wir baden, schnorcheln, faulenzen, wandern über unsere Robinsoninsel und vergessen vor lauter Glückseligkeit uns anzuziehen. So vergehen die Tage. Am Abend fahren wir zum Essen. Die Jungs haben ihren Tisch an den Strand gestellt, eine rote Tischdecke aufgelegt und uns Red Snapper gegrillt. Dazu gibt’s Ananas, Reis mit schwarzen Bohnen und Süßkartoffel. Die Sonne geht hinter den Palmen unter, die Hühner und Schweine wühlen neben uns im Sand. Die Affen, welche von den Rangern betreut werden, lassen sich leider nicht sehen. Vielleicht besser so, so müssen wir nichts von den Köstlichkeiten abgeben. Für 30 CUC werden wir 6 satt. Bloß gut, dass wir vorher einige Geschenke eingepackt haben. Sonst hätten wir das nicht mit unserem Gewissen vereinbaren können. Leider drängt die Zeit und die Rückreise steht an. Wir befahren unsere alte Route und müssen wieder nach Cayo Lago, den unsere Wassertanks sind ratzputz leer. Wieder geht die Angel raus. 5 sm vor unserem Ziel, den vorgelagerten Cayos los Ballenatos, stürze ich wieder, vom beliebten Geräusch der Angel, motiviert zur Rute. Diesmal gibt’s einen heftigen Kampf. Nach einer viertel Stunde ist der Bursche auf Sichtweite. Der „Kapitano Naturale del Freikerl“ hat einen stattlichen Hai an der Angel. Das ist nicht das, was wir wollten. Wie den Brocken wieder loswerden? Martin versucht den Haken mit dem Gaff, der beim Barracudakampf halbiert wurde, herauszubrechen. Dabei geht der Gaff flöten und die Angel ist vorher schon gebrochen. Der Haken sitzt seitlich im Maul. Ich schaffe es den Hai wenigsten soweit aus dem Wasser zu ziehen, dass Martin das Vorfach und das Gewicht noch retten kann. Der Haken ist flöten. Wir hoffen. Dass der Graue Riffhai (ca. 120 cm lang) den Haken wieder loswird. Beim Schnorcheln am Riff wollen wir ihm jedenfalls nicht begegnen. Die kleinen Barrakudas und Rochen reichen uns jetzt vollkommen. Am Abend gehen wir dann doch lieber ins Restaurant und essen am Buffet.
Die Zeit mit unserer Gastcrew verging wie im Fluge und wir müssen leider zurück nach Cienfuegos. Cuba ist toll, entspannt, landschaftlich eindrucksvoll, nicht touristisch überlaufen, hat gastfreundliche Menschen und ist damit zum „Heimatrevier“ aufgestiegen. Wir freuen uns nun auf die Reise durch die „Gärten der Königin“ nach Süden in Richtung Santiago.
Hallo Ihr Lieben!
Endlich wieder ein Zeichen von Euch und dann noch von der Trauminsel mit wieder toll erzählten Geschichten und eindrucksvollen Bildern! Wir können uns dran gewöhnen von Euch diese Zeilen auch noch für ein Jahr zu lesen und uns immer wieder damit aus dem Alltag zu ziehen. Facebook ist etwas aktueller, daher immer ein kleiner post dort und dann bitte hier die lange Geschichte mit Bildern und Co.
Die Stones sausen lassen ist ein großes Zeichen von Euch und zeigt die Verbundenheit zum Segeln – im Ernst > was für ein Zufall und ihr könnt trotzdem euer ganzes Leben davon erzählen an diesem historischen Auftritt zumindest auf der gleichen Insel gewesen zu sein!
Das Haubild ist unglaublich – noch nie so ein Tier an der Angel gehabt – Tierschutz bitte weg sehen – aber dem Hai geht es gut – der Haken rostet durch!
Also lasst es euch gut gehen, wir ziehen derweil unsere kleine Seemannsbraut in der 5. Lebenswoche mit Milch groß und haben bereits die ersten Abenteuer in der heimischen Badewanne absolviert! Es gefällt ihr, damit stehen alle Wassersportarten bereits fest! In diesem Sinne, handbreit aus Leipzig von Juli, Jette & Jens
PS: tolle Gastcrew – bin gespannt auf die Geschichten – am Samstag ist Hochzeitsparty bei Matti!