Das Auge des Zyklopen und … Utklippan adè

Sonne gegen 07:00

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Herbstlicher Sonnenaufgang

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Nach einer herrlich ruhigen Nacht konnten wir eigentlich bei der in der japanischen Woche recht kurzen Tour nach Utklippan ausschlafen. Kurz nach Sonnenaufgang war es aber in der von mir genutzten Kabine des verehrten Kommodore mit meiner Nachtruhe trotz zugezogener Fenster vorbei. Die Kabine wurde in ein seltsam bläuliches Licht getaucht. Beim Blick zur Decke sah ich genau in das Auge des Zyklopen. Es muss dazu ausgeführt werden, dass diese mythologischen Verwirrungen eigentlich mit dem Phänomen der starken Ablenkung durch die Steuersäule begannen. Man benutzt diese Einrichtung im Cockpit eigentlich zur Aufnahme nautischer Geräte und selten auch zur fotogenen Verhüllung der Eignerfrau, was naturgemäß bei vorwiegend männlichen Seglern zu einer anderen Art von Ablenkung führt. Den damit unbrauchbaren Steuerkompass hat der kluge Eigner durch einen zusätzlichen Kompass im Steuerbordschott neben dem Niedergang ersetzt. Das klassische, auch heute trotz modernster, aber dafür stromfressender Technik unverzichtbare nautische Instrument war der Stein des Anstoßes, besser Aufwachens, in der Kabine, ein feiner flüssigkeitsgelagerter Kreiselkompass. Dieser „Augapfel“ vom Gehilfen des Hephaistos wurde von der Morgensonne angestrahlt und hinterließ einen kurzen Schauer. Dafür war das frühe Licht des Tages eine fantastische Beleuchtung für eine kurze Fototour durch den verschlafenen Ort. Nach gemütlichem Frühstück mit unserem vierten Crewmitglied – kleinwüchsig, in altweißem Gewand und mit einem unerschöpflichen heißen Atem – ein Heizlüfter ist bei diesem Herbsttörn einfach unverzichtbar – fuhr Fridtjof ein tadelloses Ablegemanöver. Wir setzten in der Fahrrinne die Segel, zunächst kühn das Groß mit ersten Reff, nach wenigen Minuten kam noch ein Reff hinzu, der Wind war nach der Landabdeckung sehr stark aufgefrischt. Die Windangabe mit 5-6 Bft aus West in Böen 7 stimmte zwar, aber die Experten von Windfinder hatten irgendwie die eins vor dem Komma bei der Wellenhöhe vergessen. Aus einen halben Meter Welle wurden schnell kräftige Brecher, die selbst den Steuermann bei dem nötigen Am-Wind-Kurs öfter duschten. So war unser Anlieger Richtung Utklippan nicht zu halten. Wir haben uns im Zickzack zwar tapfer vorangekämpft, wollten aber uns und erst recht der weit gereisten Herkules ein stundenlanges Stampfen in den größer werdenden Wellen am südlichen Ende des Kalmarsundes ersparen. So sind wir nach Sandhamn abgedreht und liegen nach einem gelungenen Anlegemanöver bei Starkwind durch Eindampfen in die Vorspring am hohen Kai des Gästehafens, hinter uns zwei Schweden. Eines der Schiffe, ein Schoner ca. 50 ft lang, hat alle Ausrüstungen für das Blauwassersegeln dabei, von der Windfahnensteuerung, über Solarpanels bis zum Windgenerator. Die Eigner haben gerade ihr Haus verkauft und wollen jetzt mal sehen, wie es sich so auf einem Schiff lebt, dass sie vor einiger Zeit aus dem Mittelmeer überführt haben. Es drängt sich ein Gedanke an die Freikerl auf …  Im Hafen gibt es kostenlos Fahrräder zu leihen, sie stehen einfach auf der Pier. Leider wird das Wetter zum Abend immer mieser, es regnet weiter und die Fahrradtour fällt aus, wir verkriegen uns unter Deck. Morgen stehen 60 sm an, der Wind soll etwas nach Nord drehen und moderat bis eher zu wenig werden, Bornholm ruft (trotzdem)!

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3 Kommentare

  1. Lieber Rasmus, ich entschuldige mich in aller Form für die unqualifizierten Äußerungen bezüglich der Windvorhersage, der DWD sagt den gleichen Wind wie heute (6-7 Bft) voraus, dafür Welle bis 3 m, mehr Wind muss es wirklich nicht sein. Du bekommst morgen früh gleich einen Schuck „Russki Standard“, versprochen!

  2. Liebe Utz-Crew, das hört sich ja nach wunderbaren Abenteuern an. So ein Ausrüstungscheck ist wichtig und bringt das nötige Vertrauen in die Sicherheitseinrichtungen. (Ersatzteile für die Westen sind im 2. Stb.Schapp) :-) Ich habe ähnliche Fragen zur medialen Vermarktungsfähigkeit des Tauchganges. Keine Fotodokumentation? Keine Tonaufnahmen mit Piepton unterlegt? Kein Handyvideo? Aber in der Phantasie ist es ohnehin viel plastischer!!!
    Wenn Ihr in dem Tempo weiter fahrt, müsst Ihr um Rügen noch ein paar Warteschleifen segeln. Aber ich wünsch Euch eine schöne Überfahrt nach Bornholm und vielleicht einen geruhsamen Hafentag auf der schönen Urlaubsinsel. Bitte bringt uns eine Flasche Bornholmer Senap mit – mit schwarzem Verschluss. Ich glaube, dass wir es in diesem Jahr nicht mehr schaffen, zum Senfkaufen nach Bornholm zu kommen. Danke für die eindrücklichen Fotos und Texte! Weiter so!
    LG Kommodore A.

  3. Darf ich mal die Fotos loben: sehr schön. Und ich habe so eine Ahnung, wer diese bläulich-blubberingen Raketenlampen erfunden hat – wahrscheinlich ein sehnsüchtiger Seemann im Winter, der genau diese von dir so wunderbar beschriebenen Schimmer vermisste.

    Ahoi, Jens

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